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man Tafeln mit Benennungen wie Marktstraße, Bankgasse,
Yamenplatz, Paroleplatz und andere. Die Wege waren aus¬
gebessert, zwischen dem Yamen und den verschiedenen
Tsingtau umgebenden Militärlagern herrschte Telephon Ver¬
bindung; auf dem hohen Truppeiberg, der sich über Tsingtau
erhebt, befand sich bereits eine Signalstation, in den Straßen
sah man zwischen dem lebhaften Chinesengedränge schon
Polizisten; überall herrschte Ordnung und die Grundlage für
eine gesicherte Entwicklung der jungen Hauptstadt von
Deutsch-China war gelegt.
Von dem hohen Erdwalle des Höhenlagers, das nahe
der Spitze der Halbinsel Tsingtau liegt, gewann ich den
ersten Überblick über die ganze zukünftige Anlage und kam
zu der Überzeugung, daß die Zeiten gewiß nicht fern sind,
wo an der Stelle der sandigen Gerstenfelder, die sich
zwischen dem heutigen Tsingtau und dem Hafen in der
Bucht ausdehnten, eine blühende deutsche Handelsstadt sich
erheben wird, mit allen modernen Einrichtungen, wo elek¬
trische Bahnen zwischen beiden Küsten verkehren und der
Hafen mit Schiffen aller Flaggen gefüllt sein wird. Vor
meinem geistigen Auge sah ich an Stelle der Götzentempel
christliche Kirchen stehen und längs des sandigen Meeres¬
strandes, der die Bucht von Kiautschou umfaßt, Eisenbahn¬
züge laufen, welche die Schätze der Provinz zum Hafen,
die deutschen Industrieerzeugnisse aber nach der Provinz
bringen sollten.
Vier Monate nach der Landung der Deutschen hatte
sich die Einwohnerschaft wohl bereits verzehniacEE Ein
Winter hatte schon genügt um dieser armen, elenden Be¬
völkerung verhältnismäßigen Wohlstand zu geben und so
viel Geld wie jetzt haben sie in ihrem Leben gar nicht ge¬
sehen- Früher erhielten sie dreißig bis vierzig Cash, das
heißt sechs bis acht Pfennig am Tage, heute wohl das
Sechsfache. Es hat sich in der ganzen Gegend herumge¬
sprochen, daß die Deutschen nicht stehlen und bedrücken,
wie es die chinesischen Soldaten getan haben, sondern daß
sie alles bar bezahlen. Arbeit gab es sofort in Hülle und