Full text: Klasse 6 (fünftes Schuljahr) (Teil 4, [Schülerband])

sein daselbst. Und als der Landvogl mit seinen Dienern geritten kam, 
stand TeN hinter einem Staudenbusch und hörte allerlei Anschläge, die 
über ihn gingen, spannte die Armbrust aus und schoß einen Pfeil in 
den Herrn, daß er tot umfiel. Da lief Tell über die Gebirge gen 
Uri, fand seine Gesellen und sagte ihnen, wie es ergangen war. 
98. Das Kreuz am Kremmer Damm. 
Oskar Schwebe!, 
In der Nähe der kleinen mittelmärkischen Stadt Dremmen zieht 
sich die Landstraße nur als ein schmaler Pfad, als ein hoher Damm 
durch das elsenbewachsene, sumpfige Luch hin. In alter Zeit befand sich 
hier einer der vielumstrittenen Pässe, die nach Pommern führten. Noch 
weiß es das Volk recht wohl, wieviel an Blut hier einst geflossen ist. 
Hier nun stand ehemals ein hölzernes Kreuz, das im vorigen Jahr¬ 
hundert durch ein stattlicheres von Eisen ersetzt worden ist. Was das 
Kreuz aber zu bedeuten hat, davon weiß die Volkssage das Folgende 
zu erzählen. 
Es war noch in der Räuberzeit, — so nennt man hierzulande 
nämlich die Zeiten des Faustrechts, — da reiste einst durchs Luch 
ein vornehmer Herr; unter seiner glänzenden Kleidung aber verbarg 
sich tiefes Elend: er war ein Geächteter. Die Feinde hatten einen hohen 
Preis auf seinen Kops gesetzt, nimmer aber vermochte ihn jemand ge¬ 
fangen zu nehmen; zu rechter Zeit fand er einen Ausweg. Die Hufe 
seiner Pferde z. B. waren mit verkehrten Eisen beschuht, so daß seine 
Verfolger nie wußten, wo er sich aufhielt. Seinem Diener aber ver¬ 
blendete das Gold und der Reichtum dieses Herrn die Sinne; er faßte 
den Plan, seinen Gebieter zu ermorden. Als sie nun einst in dunkler 
Nacht zu jener Stelle des Kremmer Dammes, an der jetzt das Kreuz 
steht, gekommen waren, da stieß der Diener dem Voranreitenden sein 
Schwert in den Leib. Den Lohn seiner Freveltat aber erhielt 
er nicht, denn die Feinde seines Herrn wollten diesen lebendig in ihre 
Gewalt bekommen, und als sie vernahmen, was der Diener getan 
hatte, da töteten sie auch ihn. Der Volksmund verlegt diese Tat 
in das 17. Jahrhundert. 
Aber nicht zur Sühne eines Mordes ist das Kreuz am Kremmer 
Damme aufgerichtet worden; es ist vielmehr das erste Denkmal Hohen- 
zollernscher Geschichte in der Mark. Es war am 24. Oktober, dem
	        
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