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57. Wiederherstellung des deutschen Reiches.
Der Gewalthaber Gambetta wollte vielmehr ganz Erankreieh
gegen die Deutsehen unter Wasfen rufen, um der Hauptetadt 2u Uille
zu eilen, die Belagerer zu überfallen und die Deutschen aus an
reieh hinauszujagen. Und in der That, dieser Mann hat ene
bewundernswerte Thatkraft bewiesen. Ur raffte alle Krufte de
Nation zusammen, und es gelang ihm, so weit das Dand nien
von den Unsrigen besetzt war, Werall rasch neue Strenkran—
zu sammeln. In kurzer Zeit waren 3 Armeeen gorüstot. die
sollten Paris entsetzgen. Aber ihre Bemuühungen waren umsounst.
57. Wiederherstellung des deutschen Reiches.
1. Als Friedrich Wilhelm IV. 1849 von der damaligen
Reichsversammlung die deutsche Kaiserkrone angetragen erhielt und sie
ablehnte, erklärte er: Der Kaiser von Deutschland muß auf dem Schlacht⸗
felde erwählt werden. Es hat sich dieses Wort erfüllt.
Der König von Bayern, Ludwig II., war es, von welchem
der hochherzige Gedanke ausging, in Gemeinschaft mit allen übrigen
deutschen Fürsten und den freien Städten dem Heldenkönige Wilhelm
die Kaiserkrone anzutragen. Alle waren in dem Wunsche einig.
Am 18. Januar, also an dem Tage, an welchem Preußen 170
Jahre früher zum Königreiche erhoben worden war, nahm der König
die deutsche Kaiserwürde feierlich an.
Es fand ein Dank⸗Gottesdienst statt. Prinzen, Fürsten und Generäle
umgaben Seine Majestät. Fast alle Fahnen der Regimenter, welche
um Paris lagen, waren vor dem Khnige aufgestellt. Nachdem der
Gottesdienst geschlossen war, umgaben die Fürsten den König in
einem Halbkreise, und es erfolgte die feierliche Verkündigung der An⸗
nahme des Kaisertitels.
2. An demselben Tage erließ der Kaiser folgende Botschaft:
„An mein vVolk!
Nachdem die deutschen Fürsten und sreien Slädte den einmütigen Rus an Uns
gerichlet haben, mit Herstellung des deulschen Reiches die seil mehr denn 60 JDahren
ruhende Raiserwürde zu erneuern und zu übernehmen, und nachdem in der Versassung
des deutschen Bundes die entsprechenden Beslimmungen vorgesehen sind, bekunden Wir
hiermit, daß Wir es als Pflicht gegen das gesamte Vaterland belrachlen, diesem Ruse
der perbündelen deutschen Fürsten und frelen Städle Solge zu leisten und die deulsche
Kaiserwürde anzunehmen. Demgemab werden Wir und Unsere Nachsolger in der Krone
Preußens sorlan den Raiserlitel in allen Unsern Beziehungen und Angelegenheiten des
deulschen Reiches sühren und hoffen zu Golt, dab es der deutschen Nalion gegeben sein
werde, unler diesem Wahrzeichen ihrer Herrlichßeit das Valerland einer segensreichen
Zukunst enkgegenzusühren. Wir übernehmen die kaiserliche Würde in dem Bewuplsein
der Pflicht, in deulscher Creue die Rechte des Reiches und seiner Glieder zu schũhzen, den
Srieden zu wahren, die Unabhängigkeit Deulschlands zu schũtzen und die Krasft des Volkes
zu flärken. Wir nehmen sie an in der Hoffnung, dad es dem deulschen Volke vergönnl