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178. Waldkonzert.
1. Konzert ist heute angesagt im frischen grünen Wald; die Musikanten
stimmen schon; — hör, wie es lustig schalltä Das jubiliert und musiziert,
das schmettert und das schallt! Das geigt und singt und pfeift und klngt
im frischen, grünen Wald!
2 Der Distelfink spielt keck vom Blatt die erste Violin', sein Vetter
Buchfink nebenan begleitet lustig ihn. Das jubiliert und musiziert ꝛc.
3. Frau Nachtigall, die Säugerin, die singt so hell und zart; und
Monsieur Hänfling bläst dazu die Flöt' nach befter Art. Das jubiliert
und musiziert ꝛc.
4. Die Drossel spielt die Klarinett', der Rab', der alte Mann, streicht
den verstimmten Brummelbaß, so gut er streichen kann. Das jubilien
und musiziert ꝛc.
5. Der Kuckuck schlägt die Trommel gut, die Lerche steigt empor und
schmettert mit Trompetenklang voll Jubel in den Chor! Das jubiliert
und musiziert ꝛc.
6. Musikdirektor ist der Specht, er hat nicht Rast noch Ruh', schlägt
mit dem Schnabel spitz und lang gar fein den Takt dazu. Das jubiliert
und musiziert ꝛc.
T. Verwundert hören Has' und Reh das Fiedeln und das Schrein, und
Biene; Mück' und Käferlein, die stimmen surrend ein. Das jubiliert und
musiziert, das schmettert und das schallt, das geigt und singt und pfeift
und klingt im frischen, grünen Wald. Dieffenbach
179. Das Hirtenbüblein.
Es war einmal ein Hirtenbüblein, das war wegen seiner weisen
Antworten, die es auf alle Fragen gab, weit und breit berühmt. VDer
König des Landes hörte auch davon, glaubte es nicht und ließ das Bübchen
kommen. Da sprach er zu ihm: Kannst du mir auf drei Fragen, die
ich dir vorlegen will, Antwort geben, so will ich dich ansehen wie mein
eigen Kind, und du sollst bei mir in meinem königlichen wohnen.“
Sprach das Büblein: „Wie lauten die drei en Der König sagte:
„Die erste lautet: Wieviel Tropfen Wasser sind im Weltmeer?“ Vas
Hirtenbüblein antwortete: „Herr König, laßt alle Flüsse auf der Erde
verstopfen, damit kein Tröpflein mehr daraus ins Meer laufe, das ich
nicht erst gezählt habe, so will ich euch sagen, wieviel Tropfen im Meere
sind.“ Sprach der König: „Die andere Frage lautet: „Wieviel Sterne
stehen am Himmel?“ Das Hirtenbüblein sagle: „Gebt mir einen großen
Bogen weiß Papier,“ — und dann machte es mit der Feder so viel feine
Punkte darauf, daß sie kaum zu sehen und fast gar nicht zu zählen waren,
und einem die Augen übergingen, wenn man darauf blickte. Darauf
sprach es: „So viel Sterne stehen am Himmel als hier Punkte auf dem
Papier ;zählt sie nur!“ Aber niemand war dazu imstande. Sprach der
önig: „Die dritte Frage lautet: Wieviel Sekünden hat die Ewigkein?
Da sagte das Hirtenbüblein: „In Hinterpommern liegt der Demantberg,
der hat eine Stunde in die Höhe, eine Stunde in die Breite und eine
Stunde in die Tiefe; dahin kommt alle hundert Jahre ein Vögelein und
wetzt sein Schnäbelein daran, und wenn der ganze Berg abgeweht ist,
dann ist die erste Sekunde der Ewigkeit vorbei.“