34. Die olympischen Spiele.
Es ging- eine alte Sage, Herakles habe bei seiner Anwesenheit
in der Landschaft Elis dem Zeus zu Olympia einen Altar erbaut.
Auf diesem habe er mit seinen Gefährten geopfert und vor dem¬
selben dem Gotte zur Feier herrliche Kampfspiele angestellt mit der
Verordnung, daß diese zu bestimmten Zeiten hier wiederholt werden
sollten. Dies war auch eine Zeitlang geschehen; allein die nach-
herigen Unruhen im Peloponnes hatten alle ehemaligen Ordnungen
umgestürzt. Die Erneuerung der, Spiele ward dem Könige Iphitos
von Elis zugeschrieben.
Olympia war keine Stadt, sondern eine schöne, von bewaldeten
Höhen eingefaßte Talebene, die am nördlichen Ufer des Alpheos
lag. Hier stand am Einflüsse des Baches Kladeos in den Alpheos
der heilige Hain und der alte Altar des olympischen Zeus. Man
fand diesen schön geschmückt; die Rennbahn davor war wohl ge¬
ebnet, und eine zahllose Menge von Besuchern verherrlichte den
Glanz des Festes. Opfer wurden gebracht, Hymnen aus tausend
Kehlen den erhabenen Göttern gesungen; Musik, Tanz und trauliche
Gespräche erheiterten alle Gemüter. Niemand gereute es, herge¬
kommen zu sein; jeder fand Freunde; man lernte sich kennen; man
söhnte sich aus. Bündnisse wurden geschlossen, und man ging aus¬
einander mit der festen Verabredung, über vier Jahre wiederzukommen
und das herrliche Nationalfest ebenso zu feiern. Kein Krieg solle
jemals ein Hindernis sein; vielmehr solle das Fest auch jedesmal
einen Waffenstillstand mit sich führen.
Die Altis, so hieß der mit Bauwerken, Tempeln, Altären und
Kunstdenkmälern prachtvoll ausgeschmückte heilige Hain, war die
Hauptstätte der Festversammlung. Hier erhob sich als schönster
Schmuck der herrliche Tempel des olympischen Zeus mit dessen
majestätischer Bildsäule, von dem berühmten Bildhauer Phidias ge¬
arbeitet, die im ganzen Altertume gepriesen wurde. Aber es war
auch ein Götterbild, dessen Anblick jedermann mit heiliger Ehrfurcht
erfüllte. Die ungeheure Größe mußte allein schon Erstaunen erregen.
Zeus, sitzend auf einem Throne, reichte bis an die mehr als zwanzig
Meter hohe Decke des Tempels. Welch eine Kraft des Armes, welch
einen Kopf erforderte solch ein Körper! Und aus dem Antlitze des
Gottes strahlte eine Majestät, eine Weisheit und eine Güte zugleich,