Full text: Klasse 7 (viertes Schuljahr) (Teil 3, [Schülerband])

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Truhen voll Geld haben — und lannst dich nicht entschließen, was du 
wählen willst.“ 
„Laß doch dein ewiges Drängen und Treiben,“ erwiderte der Bauer. 
„Wir sind beide noch jung, und das Leben ist lang. Ein Wunsch ist 
nur in dem Ringe, und der ist bald vertan. Wer weiß, was uns noch 
einmal zustößt, wo wir den Ring brauchen. Fehlt es uns denn an 
etwas? Sind wir nicht, seit wir den Ring haben, schon so herauf 
gekommen, daß sich alle Welt wundert? Also sei verständig! Du kannst 
dir ja mittlerweile immer überlegen, was wir uns wünschen könnten. 
Damit hatte die Sache vorläufig ein Ende. Und es war wirklich, 
als wenn mit dem Ringe der volle Segen ins Haus gekommen wäre, 
denn Scheuern und Kammern wurden von Jahr zu Jahr voller und 
voller, und nach einer längeren Reihe von Jahren war aus dem kleinen, 
armen Bauer ein großer, dicker Bauer geworden, der den Tag über 
mit den Knechten schaffte und arbeitete, als wollte er die ganze Welt 
verdienen, nach der Vesper aber behäbig und zufrieden vor der Haus⸗ 
tür saß und sich von den Leuten guten Abend wünschen ließ. 
So verging Jahr um Jahr. Dann und wann, wenn sie ganz allein 
waren und niemand es hörte, erinnerte zwar die Frau ihren Mann immer 
noch an den Ring und machte ihm allerhand Vorschlãäge. Da er aber 
jedesmal erwiderte, es habe noch vollauf Zeit, und das Beste falle einem 
stets zuletzt ein, so tat sie es immer seltener, und zuletzt kam es kaum 
noch vor, daß auch nur von dem Ringe gesprochen wurde. Zwar der 
Bauer selbst drehte den Ring täglich wohl zwanzigmal am Finger um 
und besah sich ihn, aber er hütete sich, einen Wunsch dabei auszusprechen. 
Und dreißig und vierzig Jahre vergingen, und der Bauer und seine 
Frau waren alt und schneeweiß geworden, der Wunsch aber war immer 
noch nicht getan. Da erwies ihnen Gott eine Gnade und ließ sie beide 
in einer Nacht selig sterben. 
Kinder und Kindeskinder standen um ihre beiden Särge und weinten, 
und als eins von ihnen den Ring abziehen und aufheben wollte, sagte 
der älteste Sohn: 
„Laßt den Vater seinen Ring mit ins Grab nehmen. Er hat sein 
Lebtag seine Heimlichkeit mit ihm gehabt. Es ist wohl ein liebes An⸗ 
denken. Und die Mutter besah sich den Ring auch so oft; am Ende hat sie 
hn dem Vater in ihren jungen Tagen geschenkt.“ 
So wurde denn der alte Bauer mit dem Ringe begraben der ein 
Wunschring sein sollte und keiner war, und doch so viel Glück ins Haus
	        
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