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82. Geträumt.
Ich schlief und träumte
Vom schönsten Pferd;
Ich war bewaffnet
Mit blankem Schwert.
Ich ritt so mutig
Und stolz einher,
Ich war ein Ritter
Wie keiner mehr.
Auf einmal wache
Ich auf: da war
Verschwunden alles
So ganz und gar.
Ich sprach: „O wären
Die Träume doch
Auch wahr, dann wär' ich
Ein Ritter noch!" —
Bald schlief ich wieder
Und träumte fort:
Ich ritt gar lustig
Von Ort zu Ort.
Da stürzet plötzlich
Das rasche Pferd,
Ich fall' herunter
Ins scharfe Schwert.
Im Schrecken wache
Ich auf: da war
Verschwunden alles
So ganz und gar.
Froh aus dem Bette
Sprang ich geschwind.
Wie gut, daß Träume
Nichts Wahres sind! Enslin.
83. Kein Mensch zu Haus.
„Geh, es ist kein Mensch zu Haus!"
Rief der. Geizige heraus,
Als den Gast er hörte pochen.
Hat er Wahrheit nicht gesprochen?
Wo man läßt den Gast nicht ein,
Muß kein Mensch im Hause sein.
Rückerl.
84. Das Vaterhaus.
Vergiß mir nie das Vaterhaus,
Wo du auch seist im Weltgebraus!
Da, wo die erste Liebe blühte,
Des Lebens Frühling dir erschien,
Die reinste Freudensoune glühte,
Dahin laß die Gedanken zieh'n!
O halt es heilig, dies irdische Haus,
Und zögst du ans Ende der Welt hinaus!
Vergiß mir nie das Vaterhaus
Da droben überm Weltgebraus!
Dort wohnt die rechte Vaterliebe,
Ein ew'ger Frühling bricht dort an,
Und fernhin schwindet alles Trübe
Auf jener lichten Sonnenbahn.
O halt es heilig, dies himmlische Haus,
Das hebt über Zeit und Welt hinaus!
Sprüngli.
II. MterliiiiWe Lieder.
85. Mein Vaterland.
Dem Land, wo meine Wiege stand,
Ist doch kein andres gleich;
Es ist mein liebes Vaterland
Und heißt das deutsche Reich.
Wie lieblich sind hier Berg und Thal,
Die Wälder wie so schön!
Wie lockend auch im Sonnenstrahl
Die rebumkränzten Höh'n!
An Städten rauscht vorbei der Strom,
Trägt reicher Kaufherr'u Gut,
Und freundlich spiegelt Burg und Dom
Sich in der blauen Flut.
Mein Kaiser aber thront als Held
In tapfrer Heldenschar
Und führt in seinem Wappenfeld
Den sieggewohnten Aar.
Drum, fragt man mich nach meinemLaud,
Brennt mir das Herz sogleich,
Und, stolz dem Frager zugewandt,
Ruf' ich: „Das deutsche Reich!"
Julius Sturm.