Full text: Lesebuch für Mittel- und Oberklassen gehobener Mädchenschulen

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Da läßt sich's gut sitzen. Es murmelt und rauscht so 
wunderbar, die Vögel singen abgebrochene Sehnsuchtslante, 
die Bäume flüstern wie mit tausend Zungen, wie mit 
tausend Augen schauen uns die seltsamen Bergblumen an, 
ße strecken nach uns die wundersamen breiten, drolliggezack- 
tktz Blätter aus, spielend flimmern hin und her die lu¬ 
ftigen Sonnenstrahlen,, die grünen Kräutlein erzählen sich 
finnige Märchen, es ist Alles wie verzaubert, es wird 
"unter heimlicher und heimlicher. 
Je höher man den Berg hinaufsteigt, desto kürzer und 
Zwerghafter werden die Tannen; sie scheinen immer mehr 
und mehr zusammenzuschrumpfen, bis nur Heidelbeer- und 
Rothbeersträucher und Bergkräuter übrig bleiben. Da 
wird es auch schon fühlbar kälter. Die wunderlichen Grup¬ 
pen der Granitblöcke werden hier erst recht sichtbar und 
stud oft von erstaunlicher Größe. Das mögen wohl die 
Spielbülle sein, die sich die bösen Geister, der Sage nach, 
einander zuwerfen in der Walpurgisnacht, wenn hier die 
Hexen auf Besenstielen und Mistgabeln einhergeritten kom- 
men. In der That, wenn man die obere Hälfte des 
Brockens besteigt, kann man sich nicht erwehren, an die 
ergötzlichen Blocksberggeschichten zu denken. Es ist ein 
äußerst erschöpfender Weg, und ich war froh, als ich end¬ 
lich das langersehnte Brockenhaus zu Gesicht bekam. 
Dieses Haus, das auf der Spitze des Berges liegt, 
wurde erst 1800 vom Grafen Stolberg-Wernigerode erbaut. 
Die Mauern sind erstaunlich dick wegen des Windes und 
der Kälte im Winter; das Dach ist niedrig. Vor dem 
Hause steht eine thurmartige Warte, und bei dem Hause 
liegen noch zwei kleine Nebengebäude, von denen das eine 
iu früheren Zeiten den Brockenbesuchern zum Obdach diente. 
11. Der Fön. 
Im ganzen Bergrevier der Schweiz ist mit Ausnahme 
weniger Gebiete kein Wind bekannter und von großarti¬ 
gerer Wirkung, als der Fön, in Tessin Foge genannt. Er 
ist nicht ein Lokal-, sondern eilt allgemeiner europäischer 
oder vielmehr afrikanischer Wind. Wie die Quelle des 
kalten Nordwindes wahrscheinlich die Polareisgebiete, die 
der feuchten, regenbringenden Westwinde der atlantische 
Ocean, so sind die der oft glühend heißen Südwinde (Fön) 
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