Full text: [Theil 2 = (Quinta), [Schülerband]] (Theil 2 = (Quinta), [Schülerband])

218 E. Beschreibungen und Schilderungen. II. Geographische Bilder. 
zu besänftigen. Es wird nicht mit der Peitsche, sondern mit der Pfeife 
und durch'den eintönigen Wechselgesang der Führer geleitet; denn es 
liebt die Musik und schreitet, durch den Klang der Töne ermuthigt, mit 
frischem Muthe weiter. 
Auch genügt es, das Kamee! mit dem Fuß, mit dem der Reiter es 
vom Sattel aus auf den Nacken tritt, oder durch den Stab, womit er 
es aber nur zu berühren braucht, um ihm die Richtung zu zeigen, zu 
lenken. Zügel und Gebiß sind nicht nöthig; denn es scheut nie wie das 
Pferd und geht mit seiner Last einen stets gleichen, festen Schritt, unbe¬ 
lastet mit dem Reiter mit windgleicher Schnelligkeit. Der Araber be¬ 
trachtet das Kamee! in der Einsamkeit des langen Wüstenzuges als seinen 
einzigen Freund. Er erzählt ihm seine Abenteuer, verspricht ihm Be¬ 
lohnungen für seine Ausdauer, nennt es seinen Bruder, bläst ihm Tabaks¬ 
rauch in die weiten Nasenflügel und singt ihm ernste und fröhliche Lieder 
vor, bei deren bekannten Weisen es aufmerksam horchend, die Kinnladen 
zusammenpreßt, mit den Zähnen knirscht und den Kopf nach dem Sänger 
hinwendet. Dann vergißt es seine Last und Ermüdung und legt mit 
seiner Bürde unglaublich weite Strecken zurück. Wittert es aus der 
Ferne eine Wasserstelle, die vielleicht seinem Gebieter selbst unbekannt ist, 
so hebt es den gekrümmten Hals, schnaubt durch die geöffneten Nüstern 
und eilt mit unwiderstehlicher Gewalt dorthin, wo es den sonst nicht 
wahrnehmbaren Dunst des Wassers bemerkt hat. 
Fühlt das Kameel sich zu schwer belastet, so bricht es in ein Jammer¬ 
geschrei aus, und nichts bringt es zum Aufstehen, bis seine Bürde er¬ 
leichtert worden. Bei der Ankunft an der Station braucht der Führer 
nur mit dem gewohnten Zuruf: Krri! Krri! den Kopf des Thieres etwas 
niederzudrücken, und es legt sich sogleich, indem es ein wenig das Knie 
des einen und dann des andern Vorderbeins biegt und mit dem ganzen 
Gewicht seiner Last und seines knochigen, nervenstarken, aber fleischlosen 
Körpers auf die harten Gelenkschwielen, ohne Schmerz von dem Stoße, 
niederfällt; dann zieht es auch die Hinterbeine wie die hohen Schenkel 
einwärts gegen die vordem hin und senkt sich nieder. Die Kniegelenke 
passen wie Scharniere zusammen und der ganze Körper mit allein, was 
er trägt, lastet auf dem Hinterrücken, bis der hohe, gewaltige Koloß in 
die vollkommen ruhige Lage gelangt, die ihm eigenthümlich ist. Nun 
erst kann es bequem abgepackt werden. 
Die heißen und wasserlosen Steppen würden für den Menschen ohne 
das Kameel undurchdringlich sein, daher nennt es der Araber das Land¬ 
schiff, das Schiff der Wüste, und der Aegypter sagt, daß sein Land ohne 
den Nil, die Dattelpalme und das Kameel unbewohnbar sein würde. 
Ml. Sprichwörter. 
1. Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg. 
2. Wer Gott läßt Fuhrmann sein, dem geht sein Fuhrwerk wie 
geschmiert. 
3. Wer gut futtert, der gut buttert. 
4. Es flog ein Gänslein' übers Meer — 
Und kam als Gickgack wieder her.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.