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Dann der brave Personenzug. Lin rechter Normalbürger, ohne
Absonderlichkeiten, schlicht und solide. Lr besteht aus älteren Wagen. Die
Insassen sind einfache Leute, die keine großen Neisen vorhaben. Zeine
Maschine läuft auf roten, klobigen Nädern. Lin bißchen engbrüstig erscheint
sie,- sie behilft sich ohne besonderen Kohlenwagen,- der Kohlenvorrat ist
zuseiten des Kessels aufgespeichert.
Der bedächtige Güterzug: von einer kräftig schnaufenden Loko¬
motive gezogen, eine endlose, rollende Wand mit kurzen Lücken. Doch
marschieren in der eintönigen Neihe allerlei besondere Gäste: weiße Bier-
wagen aus Nürnberg, graue Petroleumkessel aus Mannheim, eine post¬
gelbe Möbelrolle aus Breslau, Kalkbehälter aus Jagftfeld, Zalztransporte
in roten eisernen Kasten aus Heilbronn, Kohlen aus Zaarburg, Holz¬
stapel, Geile großer Lisenkonstruktionen, Zäureflaschen.
Der Nangierzug oder Umstandskrämer: ewig hin- und hergezerrt,
von schrill pfeifenden, winkenden, ab- und aufspringenden Bremsern diri¬
giert, mit krachend abgestoßenen oder unheimlich geräuschlos allein fort¬
laufenden Wagen und einer Maschine, die beileibe kein Nenner ist, aber
ein eifriger Nrbeiter, der im Zchweiße seines Nngesichts seine paar ^Kohlen
für den Tag verdient und sparsam verbraucht. Lin rechter Grobian
nebenbei: zuweilen hält sie minutenlang grade unter der Brücke und faucht
einen lauwarmen, erstickenden Nauch empor, der durch seinen Übeln Geruch
und feinstechenden Kohlenstaub jede menschliche Nase zu flüchten zwingt,
plötzlich ein kurzer Zignalpfiff, sie rückt ab,- schon freue ich mich über ihr
verschwinden, da erscheint sie wieder und pufft denselben wüsten Brodem
in die Luft, so daß ich einen andern Ztandort suche.
Überm Kohlenlager zum Beispiel. Dort stehen auf dem Gleis
zwei Lokomotiven hintereinander, sie dampfen schon mit aller Macht aus
ihren Zchloten. Die eine entsendet eine Nauchfontäne, dick wie ein Baum¬
stamm und nach oben einen gewaltigen Dunst ausbreitend, der den ganzen
Bergh im Hintergrund verhüllt. Die andere dampft gelblichweiß, fast
opalisch,- ähnlich dem Gewölk des Myrrhensaftes im Wasser. In beide
Maschinen führen Bretter aus hohen schwarz glänzenden Kohlenhaufen,
wo Korb an Korb vollgeschaufelt, auf gekrümmtem Nücken an den Nand
des Tenders (Kohlenwagens) gehoben und rückwärts dahinein geschüttet
wird. Die eine „Lok" hat jetzt genug. Zie fährt zwei oder drei Meter
weiter, zur Brikettpyramide. Dort werden dem Heizer die schwarzen
Zteinlaibe hineingegeben, der sie um den Nand des Tenders wie exruc
HTauer aufbaut. Nun ist der Vorrat völlig bis obenhin,- ein Handgriff
des Führers an seinen Hebeln, — die Maschine gleitet weit rückwärts in
das Geleise hinaus, dann, ohne eine Minute Ztillstand, vorwärts zur
Halle, wo der Zug schon wartet.
y Den Uönigsstubl bei Heidelberg.