Full text: Für die unteren Klassen höherer Lehranstalten, den Lehrplänen entsprechend (Teil 1, [Schülerband])

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Erste Abteilung. 
59. Der Fuchs und die Katze. 
Br. Grimm, Kinder- und Hausmärchen 301. 
Es trug sich zu, daß die Katze in einem Walde dem Herrn Fuchs 
begegnete, und weil sie dachte, er ist gescheit und wohlerfahren und 
gilt viel in der Welt, so sprach sie ihm freundlich zu: „Guten Tag, 
lieber Herr Fuchs, wie steht's, wie geht's? Wie schlagt Ihr Euch 
durch in dieser teuren Zeit?" Der Fuchs, alles Hochmuts voll, sah 
sie von Kopf bis zu Fuß an und wußte nicht, ob er etwas antworten 
sollte. Endlich sprach er: „O du armer, buntscheckiger Wicht, Hunger¬ 
leider und Mäusefänger, was kommt dir in den Sinn! Fragst, 
ob mir's wohlgehe, und ich bin Herr über hundert Künste!" Die 
Katze wollte ihm bescheidentlich antworten, aber in dem Augenblicke 
kam ein Dachshund dahergelaufen. Wie der Fuchs ihn sah, machte 
er, daß er in seine Höhle kam, die Katze aber sprang behend auf eine 
Buche und setzte sich in den Gipfel, wo Aste und Laubwerk sie ganz 
verbargen. Bald kam der Jäger, und der Dachshund spürte dem 
Fuchse nach und packte ihn. Wie die Katze das sah, rief sie ihm hinab: 
„Ei, Herr Fuchs, seid Ihr doch mit Euren hundert Künsten stecken 
geblieben? Hättet Ihr heraufklettern können wie ich, so wär's nicht 
um Euer Leben geschehen." 
60. Der Katze die Schelle anhängen. 
K. Simrock, Asops Leben und Fabeln <3. XIV. 
Die Mäuse hielten einmal eine Volksversammlung, uni sich zu 
beraten, wie sie den Nachstellungen der Katzen entgehen sollten. Da. 
war aber guter Rat teuer, und vergebens rief der Vorsitzer die er¬ 
fahrensten Männer der Gemeinde auf, bis endlich ein junger Mäuse- 
rich zwei Pfötchen emporstreckte und um die Erlaubnis bat zu sprechen. 
Als diesem nun das Wort gegeben ward, hub er an: „Ich habe lange 
darüber nachgedacht, warum uns die Katzen so gefährlich sind. Das 
liegt nicht sowohl an ihrer Geschwindigkeit, von der soviel Wesens 
gemacht wird; würden wir sie zur rechten Zeit gewahr, so wären wir 
wohl behende genug, in unser Loch zu entspringen, ehe sie uns etwas 
anhaben könnten. Ihre Überlegenheit liegt vielmehr in ihren samtenen 
Pfoten, hinter welchen sie ihre grausamen Krallen so lange zu ver¬ 
bergen wissen, bis sie uns in den Tatzen haben. Denn da wir den 
Schall des Katzentritts nicht vernehmen, so tanzen und springen wir 
noch unbesorgt über Tisch und Bänke, wenn der Todfeind schon hervor¬ 
schleicht und den Buckel zum Sprunge krümmt, uns zu haschen und 
zu würgen. Darum ist meine Meinung, man müsse der Katze eine
	        
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