Full text: [Sexta, [Schülerband]] (Sexta, [Schülerband])

Wie Frau Aja (Goethes Mutter) ihrem Wolfgang Märchen erzählt. 
Gruppe vom Frau-Rat-Denkmal in Frankfurt a. M. von I. Kowarcik. 
I. 
marchen und Fabeln. 
1. Das Wasser des Lebens. 
SS war einmal ein König, der war krank, und niemand 
glaubte, daß er mit dem Leben davonkäme. Er hatte aber 
drei Löhne, die waren darüber betrübt, gingen hinunter in 
den Lchloßgarten und weinten. Da begegnete ihnen ein alter Mann, 
der fragte sie nach ihrem Kummer. Sie sagten ihm, ihr Vater wäre so 5 
krank, daß er wohl sterben würde; denn es wollte ihm nichts helfen. 
Da sprach der Alte: „Ich weiß noch ein Mittel, das ist das Wasser 
des Lebens,- wenn er davon trinkt, so wird er wieder gesund; es ist 
aber schwer zu finden." Der älteste sagte: „Ich will es schon finden," 
ging zum kranken König und bat ihn, er möchte ihm erlauben aus-10 
zuziehen, um das Wasser des Lebens zu suchen,' denn das könnte ihn 
allein heilen. „Kein," sprach der König, „die Gefahr dabei ist zu 
groß; lieber will ich sterben." Er bat aber so lange, bis der König 
einwilligte. Der Prinz dachte in seinem herzen: „Bringe ich das 
Wasser, so bin ich meinem Vater der liebste und erbe das Reich." is 
Also machte er sich auf, und als er eine Zeitlang fortgeritten 
war, stand da ein Zwerg aus dem Wege; der rief ihn an und sprach: 
„wo hinaus so geschwind ?" — „Dummer Knirps," sagte der Prinz 
ganz stolz, „das brauchst du nicht zu wissen," und ritt weiter. Das 
kleine Männchen aber war zornig geworden und hatte einen bösen 20 
Wunsch getan. Der Prinz geriet bald hernach in eine Bergschlucht, 
und je weiter er ritt, je enger taten sich die Berge zusammen, und 
endlich ward der weg so eng, daß er keinen Lchritt weiter konnte; 
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