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Beschreibungen und Schilderungen.
Fern im Süden des Deutschen Reiches, zwar abgetrennt von
der Hauptmasse des preußischen Landes, aber doch auf preußischem
Gebiete, das sich wie ein Keil zwischen Württemberg und Baden
hineinschiebt, stand die Wiege des preußischen Königshauses. Man
erreicht die Burg Hohenzollern, welche in einer Höhe von 855 Metern
über dem Meeresspiegel den Bergkegel krönt, von der alten Stadt
Hechln gen aus in einer guten Stunde. Der ziemlich steile, aber
schattige Weg windet sich an dem Berge empor; zu dem Gipfel,
einem Kalkfelsen, dessen Seiten überall jäh abfallen, führt nur ein
einziger, durch Brücken verbundener Zugang, der früher noch durch
neun starke, eisenbeschlagene Tore verwahrt war. Nachdem man
im Halbkreis um die Umfassungsmauer herumgegangen ist, steht
man vor dem ersten Burgtore. Daran lesen wir die Inschrift:
Zollern, Nürnberg, Brandenburg im Bund
bauen die Burg auf festem Grund. 1445.
Mich baut Preußens starke Hand,
Adlertor bin ich genannt. 1854.
Dieser Spruch deutet auf die Baugeschichte der Burg hin und
erinnert zugleich lebendig an die ruhmreiche Geschichte der Hohen¬
zollern.
Vor mehr als 800 Jahren erbaut, ward die Feste im Jahre
1423 durch die Gräfin Henriette von Württemberg, Eberhards IV.
Witwe, zerstört, doch 22 Jahre später durch vereinte Mittel des
zollerschen Geschlechtes wieder errichtet. Im Laufe der folgenden
vier Jahrhunderte zerfiel sie dann abermals allmählich, bis endlich
— genau 400 Jahre nach ihrer Vernichtung durch die erwähnte Gräfin —
der Anfang zu ihrem Wiederaufbau gemacht wurde.
Der kunstsinnige Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen,
der nachmalige vierte König dieses Namens, hatte im Jahre 1819
auf einer Reise in das Land seiner Väter auch die Burg seiner
Ahnen besucht, die fast nur ein Trümmerhaufen war. Dieser Zustand
derselben schien ihm nicht vereinbar mit der Würde seines Hauses,
und er betrachtete es daher als eine Ehrenpflicht, sie neu und
herrlich wiedererstehen zu lassen.
B.
Durch das Adlertor, das seinen Namen von einem darüber
angebrachten preußischen Adler erhalten hat, unter welchem noch
ein Reiterstandbild Friedrichs L, des ersten hohenzollerschen Kur¬
fürsten von Brandenburg, auf den Wanderer herabschaut, betritt
man zunächst den großen Rampenturm. In diesem führen auf
einer sehr geringen Grundfläche drei kunstvolle Serpentinen oder
Weg Windungen und ein spiralförmig aufsteigender Tunnel zu dem
23 Meter höher gelegenen Torturme. Er gehört zur eigentlichen