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44. Aus der Zeit der Erniedrigung Preußens.
44. Aus der Zeit der Erniedrigung Preußens.
1. Preußen erhält Erfurt, das Eichsfeld, Mühlhausen.
Nordhausen und Quedlinburg. Die Ereignisse in Frankreich ver-
wickelten auch Deutschland in einen Krieg mit den Franzosen; am
20. April 1792 erklärte Ludwig XVI. an den Kaiser Franz II. den
Krieg. Doch der Feldzug verlief in den Jahren 1793 und 1794
recht unglücklich; und am 5. April 1795 schloß Preußen mit der
französischen Republik den Separatfrieden zu Basel. Es mußte
seine linksrheinischen Besitzungen ausgeben; aber bald fand Napoleon
die Mittel, durch welche er die größeren Fürsten Deutschlands seinen
Plänen geneigt zu machen wußte, das waren die Mediatisierungen
und Säkularisationen. Dadurch sollten die durch die Abtretung
des linken Rheinusers beeinträchtigten Fürsten entschädigt werden.
Preußen strebte danach, seine Gebiete im Innern Deutschlands ab¬
zurunden und wünschte daher, in Westfalen Entschädigungen zu er-
halten. Aber dem stimmte Napoleon nicht zu; „sucht euch weiter
rückwärts etwas Passendes aus," rief er deu preußischen Gesandten
zu und wies dabei auf Mecklenburg hin. Schließlich erklärte er sich
damit einverstanden, daß Preußen die Bistümer Hildesheim und
Paderborn, Erfurt und das mainzische Eichsfeld, die Abteien Herford,
Quedlinburg, Elten, Essen und Werden und die Reichsstädte Mühl-
hausen, Nordhausen und Goslar in Besitz nahm. Die Urkunde znr
Übernahme dieser Gebiete wurde in Paris am 23. Mai und von
König Friedrich Wilhelm III. in Königsberg am 6. Juni 1802
unterzeichnet. In dem Reichsdeputationshauptschluß des folgenden
Jahres wurde diese preußische Erwerbung bestätigt. In unserer
Provinz bekam Preußen demnach Erfurt, Mühlhausen, Nordhausen,
das Eichsfeld und Quedlinburg; diese letztere Stadt war ja eigentlich
schon seit 1697, seitdem Kurfürst Friedrich III. hier die Schutz¬
herrschaft erworben hatte, preußisch; von den übrigen Gebieten nahm
Preußen am 3. August förmlich Besitz.
Erfurt war bis dahin eine kurmainzische Stadt gewesen, die
durch Statthalter im Namen des Kurfürsten von Mainz regiert
wurde. Politisch unselbständig, sank die Stadt auch wirtschaftlich
immer tiefer, besonders nach dem 30jährigen Kriege. Handel und
Wandel standen fast still, die Universität siechte dahin, die Bevölkerung
nahm ab; allenthalben zeigten sich die Spuren des tiefen Verfalls. Erst
im 18. Jahrhundert fing der Znstand der Stadt an sich zu bessern;
namentlich führte aber die Regierung des Kurfürsten Friedrich Karl
Joseph (1774—1802) und die Statthalterschaft Dalbergs (1772 bis
1802) einen Aufschwung der Stadt herbei. Der Handel hob sich
wieder, die Industrie fing an sich zu regen, die Einwohnerzahl stieg
von 14000 im Jahre 1778 auf 16000 im Jahre 1802. Den
Erfurtern erschienen die dreißig Jahre der Dalbergschen Regierung