Full text: [Teil 2 = (Für Quinta), [Schülerband]] (Teil 2 = (Für Quinta), [Schülerband])

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Tie schlenderten den ganzen Tag umher, schauten ins Wasser und sahen nach 
Wind und Wetter, und wenn sie am Mittage nach Hause kamen, hatten sie 
Hunger wie die Wölfe; denn nichts in der Welt schärft so sehr die Eßlust, 
als der Aufenthalt in freier Luft und am fließenden Wasser. 
Da saßen sie denn um den großen Eichentisch herum, die sieben Riesen, 
und es war eine Pracht, zu schauen, wie es ihnen schmeckte. Nach dem Essen 
gingen sie ein Stündchen aus den Heuboden, legten sich der Reihe nach hin 
zum Schlafen und schnarchten, daß die Wände dröhnten, und wenn sie sich 
gehörig wieder gestärkt fühlten, dann recktep und streckten sie sich und gingen 
wieder langsam nach dem Ufer, um den Fischern zuzusehen, wie sie Lachs 
und Stör fingen, und wie die Schiffe lustig stromauf und -ab segelten. Sowie 
die Sonne zur Ruhe gehen wollte, schickten auch sie sich an zur Heimkehr und 
zum Schlafengehen. Vorher aber nahmen sie erst eine tüchtige Abendmahlzeit. 
Hatten sie sich aber einmal zur Ruhe gelegt, dann schliefen sie auch wie die 
Bäume fest und unerwecklich, bis die Sonne hoch am Himmel stand und die 
kleine Schar zum Frühstück rief. 
In dieser Weise trieben sie es jahraus, jahrein, einen Tag wie den 
andern, in stetem Müßiggänge, so daß sie in der ganzen Nachbarschaft nur 
unter dem Namen der sieben Faulen bekannt waren. Das wußten sie recht 
gut; aber was kümmerte sie das Geschwätz der Welt? Ihr Gewissen drückte 
sie nicht, und wenn sie nach Hause kamen, war der Tisch gedeckt. Da waren 
die Reden neidischer Menschen leicht vergessen. Der Vater gab ihnen wohl 
mitunter zu verstehen, daß er älter werde und sich zu ihnen versehe, daß sie 
ihm unter die Arme greifen würden. Das war aber lächerlich; denn der hatte 
ja selbst so wenig zu schaffen, daß er meistens den ganzen lieben Tag aus 
der Bank vor dem Hause saß, oder mit den vorübergehenden Nachbarn über 
das Wetter sprach. Auch pflegte er stundenlang nüt untergeschlagenen Armen 
in seine Wasserlachen zu schallen lind Vergleiche darüber anzustellen, wieviel 
gliicklicher Harm, Klaus oder Kunz seien, daß sie gutes trockenes Land und 
gesundes Heu hätten. Dann seufzte er tief, drehte sich um und ließ es beim 
alten. Die Mutter meiste die Ziege, kochte Rüben und Kohl, besorgte Feuerung 
und Wasser und war überhaupt die einzige, welche Sorge trug fürs Haus¬ 
wesen. 
Dies Leben hatte lange gewährt, als die Brüder doch endlich anfingen 
Langeweile zu enipfinden, daß sie so gar ohne Beschäftigung wären. Auch 
sahen sie, wie ihre Altersgenossen bei anderen Leuten in Diensten standen, sich 
etwas verdienten und emporkamen. Da sprach der Älteste zu den übrigen: 
„Ihr wißt, wie niir, als dem Erstgeborenen, der väterliche Hof gebührt, von 
rechtswegen; allein ich verzichte auf mein Vorrecht zu Gunsten unsers jüngsten 
Bruders. Ich will in Dienst gehen bei fremden Leuten und hoffe mir in 
kurzem soviel zri erwerben, daß ich mir selbst einen Hof kaufen kann." Die 
Rede fand allgemeinen Beifall; sie beschlossen alle desgleichen zu tun und das 
Haus zu verlassen; selbst der Jüngste wollte nicht daheim bleiben, denn es
	        
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