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An der Quertafel sitzen nach sorgsam erwogener Rangordnung die
Standespersonen erster Ordnung. Am Ende der drei Längstische aber
haben je ein Schaffer und rechts und links von ihm einer der ihn unter¬
stützenden Kapitäne, die Mitschaffer, ihren Platz.
Noch eigenartiger ist auf den mit manch altem Silbergerät ge¬
schmückten Tafeln jedes Gedeck angeordnet — ganz genau nach alter
Vorschrift, von der jede Abweichung streng verpönt ist. Messer und
Gabeln dürfen nicht gewechselt werden. Deshalb findet jeder Gast auf
seinem Platze zu deren Säuberung einen stattlichen Bogen Löschpapier.
Salz- und Pfeffernäpfchen sind verboten. Aber neben jedem Gedeck liegt
aus der einen Seite ein kleines Tütchen mit Salz, auf der andern mit
Pfeffer, in Gold- und Silberpapier, wie sie unsere Vorfahren, wenn sie
zu Gaste gingen, in der Westentasche mitzuführen pflegten. Außerdem
aber liegt dort, als Gabe der Schaffer, noch ein köstliches Liederbuch.
Endlich sitzen alle, und die Mahlzeit beginnt.
Eine merkwürdige Speisefolge, deren einzelne Gänge seit alter Zeit
feststehen, und an der nicht gerüttelt werden darf. Da gibt es zuerst
zweierlei Suppen, eine weiße aus Hühnern, eine braune aus Ochsenlenden.
Der weißen, in der fast der Löffel stehen kann, wird entschieden der
Vorzug zuteil. Die alten Kapitäne zerlegen die gekochten Hühner dazu
und lassen die Teller wandern. Es folgt das erste Hauptgericht: der
historische Stockfisch mit zweierlei Tunken. Dann kommt ein besonderes
Leib- und Magengericht der Bremer Herren: Pinkeln mit Braunkohl
— ersteres eine Art Wurstgemenge aus Hafergrütze, Rindsnierenfett,
gehackten Zwiebeln, Salz, Pfeffer, gestoßenen Nelken und Piment. Nun
erscheint geräucherter Dorsch, der unbedingt aus Riga stammen muß —
dann noch kalter Aufschnitt, Braten usw.
Inzwischen aber hat der Redestrom begonnen mit einem an die
ganze Tischgesellschaft gerichteten Willkommensgruß, dem ein Trink¬
spruch auf den Kaiser folgt. Der hat auch wieder seine kleine Ge¬
schichte: er wurde nämlich schon zuzeiten des weiland Römischen Reiches
Deutscher Nation angeordnet, aber 1803 von Napoleon I. durch einen
Erlaß abgeschafft. Seit 1871 ist er wieder aufgenommen und wird
mit besonderer Begeisterung ausgebracht. Reden auf den Senat, auf
Handel und Schiffahrt usw. reihen sich an, und wenn die hergebrachten
Trinksprüche verklungen sind, erklingen in schier endloser Reihe die
übrigen.
Auch der Beifall prägt sich hier in besonderen Formen aus. Einer
der Kapitäne hat nämlich die Ehre, ihn mit einem dreimaligen Hipp—
Hipp—Hurra! einzuleiten. Es ist eine Lust, zu sehen, wie er mit schon
lustig zuckendem Gesicht auf das letzte Wort des Redners wartet, dann
emporschnellt, um mit Stentorstimme, als stünde er auf der Kommando¬
brücke, seinen Jubelruf über die Tafeln erbrausen zu lassen,