Mercien verwechselt und nun an England lokalisiert, und die schöne
Sage von seiner Gemahlin, N. 3, die augenscheinlich auf dem ältesten
Grunde ruht, ward legendenartig, durch Einmischung des christlichen,
umgebildet. Zwar Holstein bewahrte seine deutsche Nationalität, aber
dennoch werden auch hier die einheimischen Sagenstoffe allmählich ein¬
geschwunden sein, nachdem für sie der Halt des alten Volkskönigtums
dahin war und endlich des Landes schönste Hälfte den Wenden zufiel.
Als dieses wieder gewonnen ward, waren es nicht die alten Bewohner,
die es von neuem bevölkerten, und zugleich die Marschen, sondern Ein¬
wanderer. Karl Möllenhoff. (Sagen, Märchen nnd Lieder. S. VUIff.)
Aus -er Heldensage.
4. Skeäk und ShUd.
3n alten Zeiten, als noch wenige Menschen hier im Lande lebten,
trieb einmal ein Schiff ohne Steuer und Ruder die Schlei herauf:
darin lag ein eben geborner Knabe, nackt und schlafend, mit dem Kopfe
auf einer Garbe; um ihn her waren Waffen aller Art und viel edles
Geschmeide hingelegt. Niemand kannte ihn und wußte woher er ge¬
kommen sei; aber man nahm ihn wie ein Wunder auf, pflegte und er¬
zog ihn, bis er erwachsen war, und weil man glaubte, daß ein Gott
ihn gesendet habe, und die Herrlichkeit des Jünglings sah, wählte man
ihn zum ersten Könige über die Angeln und nannte ihn Skeäf oder
Schoos, weil man ihm schlafend auf einem Schoos, einem Bündel
Stroh, gefunden hatte. Skeäf aber wohnte an dem Orte, der von
alters her Schleswig heißt und herrschte lange Zeit ruhmvoll über¬
fein Volk.
Sein Sohn hieß Skild, d. i. Schild. Dem mußten bald alle Um¬
wohnenden gehorchen; seinem Volke war er ein lieber Landesfürst. Aber
lange blieb er ohne Nachkommen, bis ihm im hohen Alter Beöwulf
oder Beäw geboren ward. Dessen Ruhm verbreitete sich schnell in den
Skendelanden zwischen den beiden Meeren.
Als dem alten Könige nun das Schicksal nahte und er dahin ging,
brachte sein Gesinde die teure Leiche zum Ufer, wie er selbst befohlen
hatte, da er noch lebte. Zur Ausfahrt stand sein Schiff bereit, glänzend
wie Eis: da hinein legten sie trauernd den Fürsten, mit dem Haupte zum
Maste. Kein Schiff war je prächtiger ausgerüstet: eine Menge von Schätzen
und Kleinoden, Waffen und Kriegsgewändern lagen umher, wie einst in dem
Schiffe, das den Skeäf zu Lande getragen hatte. Hoch an den Mast
band man ein güldnes Banner als königliches Zeichen und überließ es
dann steuerlos dem Spiel der Fluten.