Full text: [Teil 5 = [Kl. 5], [Schülerband]] (Teil 5 = [Kl. 5], [Schülerband])

gewöhnliche Kälte. Allmählich aber stieg die Sonne höher hinter den 
schneebedeckten Gipfeln und Bergrücken des Tales empor, und in schneller 
Fahrt durcheilten wir das einsame, moorige Hochtal, aus dessen Hinter¬ 
grund höher und höher die schneebedeckten Berge von Romsdal hervor¬ 
traten. Dann senkte sich die Straße, rauschende Gewässer eilten einer 
tiefen, vor uns sich öffnenden Talspalte zu, die sich zur Westküste Skan¬ 
dinaviens öffnet. Ties und schroff schneidet sie in die ungeheuern Granit¬ 
massen des Gebirges ein. Rauschende Wasserfälle schweben von den 
steilen Gehängen herab. 
Immer großartiger, immer gewaltiger entfaltet sich das wundervolle 
Panorama des Tales, bis am Nachmittag der tiefe Fjord- von Molde 
still und unbeweglich vor uns seinen blauen Spiegel zwischen die Riesen¬ 
berge von Romsdal breitete. 
40. Sleppenbiläer aus SirclruKlancl. Von «ttweim hamm. 
In äer Steppe. Leipzig o. J. 8. 10. 
as ganze Südrußland ist in der Urzeit unstreitig eine unermeßliche 
See gewesen, deren östliche und westliche Ufer in dem Hindukusch¬ 
gebirge Asiens und in den Karpathen Ungarns emporstiegen. Als die 
gewaltige Wassermasse sich Bahn brach und ablief, ließ sie auf den 
Trillionen von Schaltieren des Untergrundes eine ungeheure Masse von 
Schlamm zurück, gebildet aus verwesten Organismen und sein geschlämmten 
Erden in inniger Vermischung. Dieser Urschlamm bildet jetzt die un¬ 
erschöpfliche schwarze Ackererde des Landes, die sich in der Mächtigkeit 
von wenigen Zentimeter bis zu fünf Meter und darüber auf dem 
Muschelkalk abgelagert hat. Solchem Boden verdankt es der Landstrich, 
daß er fast ohne alle jene künstliche Hilfe, die bei uns die Pflanzen¬ 
produktion erheischt, die noch lange Zeit ausreichende Quelle der Körner¬ 
gewinnung für einen großen Teil der übrigen Welt ist. Freilich gehört 
noch etwas anderes zur völligen Entwickelung dieser Fruchtbarkeit, 
nämlich genügende Feuchtigkeit; denn hier brennt die Sonne mit heißestem 
Strahl und versengt in kurzer Frist die junge grüne Saat zu bleichen, 
verschrumpften Greisenhalmen, wenn von den Niederschlägen des Früh¬ 
jahrs nicht ein genügender Überrest im Boden geblieben ist. Wenn aber 
dies der Fall oder der Vorsommer zeitweilig erfrischende Schauer bringt, 
dann entwickelt sich der Pflanzenwuchs in fast unglaublicher Üppigkeit. 
Die ganze Steppe überzieht ein dichter Teppich hochhalmiger Gräser, 
deren Ähren und Rispen sich manchmal bis zur Manneshöhe erheben; 
durchflochten ist er in saftigem Gewirr mit allerlei Kräutern, Ranken 
und Stauden, aus denen prächtige Blumen bald einzeln die Köpfe strecken, 
bald sich zu ganzen bunten Matten, Steppengärten, vereinen. Mit Ver¬ 
wunderung erblickt der fremde Wanderer da und dort Kinder der Flora 
wild und gedeihlich emporwachsen, die er daheim kümmerlich in Töpfen
	        
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