140 A. Erzählende Prosa. V. Geschichtliche Charakterzüge.
thridates hatte von hinten das Schwert gegen Alexander aufgehoben,
aber Klitus kam ihm zuvor und trennte dem Perser mit einem Hiebe
den Arm samt dem Säbel vom Leibe. Die Macedonier hatten neben
der größeren Kraft und Übung den Vorteil der Stoßlanzen gegen die
Wurflanzen der Perser, und so wurden die letzteren auf dem Punkte,
wo Alexander selbst kämpfte, zuerst zurückgetrieben, und da dies der
Mittelpunkt war, wichen bald auch die Reiter auf den Flügeln, und
die Flucht wurde allgemein. Ungefähr tausend persische Reiter sielen;
verfolgt aber wurden sie nicht stark, weil Alexander sich gegen die
Söldner wandte und sie zugleich mit der Phalanx und den Reitern
von allen Seiten angriff. Er selbst drang mit solchem Ungestüm unter
sie ein, daß ihm sein Pferd, aber nicht der Bucephalus, gelötet ward.
So in die Mitte genommen, wurden sie in kurzer Zeit niedergehauen;
kein Mann entkam, als die sich unter den Leichen verbargen; gefangen
wurden zweitausend. Die Macedonier verloren fünfundzwanzig Mann
von den Edelscharen, deren metallene Standbilder, von Lysippus gefertigt,
zu Dium ausgestellt wurden, und neunzig andere Krieger, deren Hinter¬
bliebene Alexander großmütig beschenkte. Nach Athen sandte er drei¬
hundert vollständige persische Rüstungen als ein Weihgeschenk für die
Pallas Athene mit der Inschrift: „Alexander, des Philippus Sohn,
und die Griechen mit Ausnahme der Lacedümonier von den Barbaren
in Asien". Seiner Mutter Olympias schickte er eine Menge goldener
Becher, Purpurkleider und andere solche von den Persern erbeutete
Kostbarkeiten.
e. Alexander und sein Arzt Philippus. (333 v. Chr.)
In der Stadt Tarsus erkrankte Alexander gefährlich entweder infolge
der ausgestandenen Mühseligkeiten, oder weil er, noch ganz erhitzt, sich
in dem jene Stadt durchfließenden Kydnus gebadet, welcher, im Taurus¬
gebirge entspringend, einen sehr reinen Grund und sehr kaltes, helles
Wasser hat. Der König wurde von Krämpfen, gewaltiger Hitze und
anhaltender Schlaflosigkeit befallen. Keiner der Ärzte getraute sich die
Heilung zu übernehmen; überzeugt, daß jedes Heilmittel erfolglos bleiben
werde, fürchteten sie im Falle eines schlimmen Ausgangs die Vorwürfe
und Beschuldigungen der Macedonier. Endlich entschloß sich der Akar-
nanier Philippus teils im Vertrauen auf seine Freundschaft, teils weil
er sich's zur Schande rechnete, wenn er nicht mit seinem Könige die
Gefahr teilen und selbst mit Hintansetzung seines Lebens das Äußerste
versuchen wollte, für ihn ein Arzneimittel zu bereiten und beredete
ihn es ohne Bedenken zu nehmen, wenn ihm daran gelegen sei, zur
Fortsetzung des Krieges bald wieder zu Kräften zu kommen. Inzwischen
schickte Parmenio dem Könige aus dem Lager einen Brief und warnte
ihn dem Philippus zu trauen, weil er von Darius durch große Schätze
und das Versprechen einer Vermählung mit dessen Tochter bestochen
sei den Alexander aus dem Wege zu räumen. Alexander legte den
Brief, nachdem er ihn gelesen hatte, unter sein Hauptpolster, ohne ihn
einem seiner Freunde zu zeigen. Als Philippus eintrat und die Arznei