Full text: [Teil 1, Abteilung 1 = (Für Sexta), [Schülerband]] (Teil 1, Abteilung 1 = (Für Sexta), [Schülerband])

Reinick. Zachariü. Pfesfel. Gleim. 
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82. Die zwei Hunde. 
Von Gottlieb Konrad Pfeffel. Poetische Versuche. Tübingen, 1802—10. 
Ein Junker hielt sich ein paarHunde, 
Es war ein Pudel und sein Sohn. 
Der junge, namens Pantalon, 
Vertrieb dem Herrchen manche 
Stunde. 
Er konnte tanzen, Wache stehn, _ 
Den Schiebkarr'n ziehn, ins Wasser 
gehn 
Und dieses alles aus dem Grunde. 
Der schlaue Fritz, des Jägers Kind, 
War Lehrer unsres Hunds gewesen, 
Und. dieser lernte so geschwind 
Als mancher Knabe kaum das Lesen. 
Einst fiel dem kleinen Junker ein, 
Es müßte noch viel leichter sein, 
Den alten Hund gelehrt zu machen. 
Herr Schnurr war sonst ein gutes 
Vieh, 
Doch seine Herrschaft zog ihn nie 
Zu solchen hochstudierten Sachen; 
Er konnte bloß das Haus bewachen. 
Der Knabe nimmt ihn vor die Hand 
Und stellt ihn aufrecht an die Wand. 
Allein der Hund fällt immer wieder 
Auf seine Vorderfüße nieder. 
Man rufet den Professor Fritz; 
Auch der erschöpfet seinen Witz 
Umsonst; es will ihm nicht gelingen, 
Den alten Schüler zu bezwingen. 
„Vielleicht," sprach Fritze, „hilft der 
Stock". 
Er holt den Stock, man prügelt 
Schnurren; 
Noch bleibt er dummer als ein 
Block, 
Und endlich fängt er an zu murren. 
„Was wollt ihr?" sprach der arme 
Tropf; 
„Ihr werdet meinen grauen Kops 
Doch nimmermehr zum Doktor 
schlagen. 
Geht, werdet durch mein Beispiel 
klug, 
Ihr Kinder, lernet jetzt genug! 
Ihr lernt nichts mehr in alten 
Tagen". 
83. Der Hirsch, der sich im Wasser sieht. 
Von Johann Wilhelm Ludwig Gleim. Werke. Halberstadt, 1811. 
Ein Hirsch bewunderte sein prächtiges Geweih 
Am Spiegel einer klaren Quelle. 
„Wie prächtig! Auf derselben Stelle, 
Wo Königskronen stehn! Und wie so stolz, so frei! 
Auch ist mein ganzer Leib vollkommen, nur allein 
Die Beine nicht, die sollten stärker sein!" 
Und als er sie besieht mit ernstlichem Gesicht, 
Hört er im nahen Busch ein Jägerhorn erschallen, 
Sieht eine Jagd von dem Gebirge fallen, 
Erschrickt und flieht. Nun aber hilft ihm nicht 
Das prächtige Geweih dem nahen Tod entfliehn, 
Nicht sein vollkommner Leib, die Beine retten ihn. 
Die reißen wie ein Pfeil die prächtige Gestalt 
Mit sich durchs weite Feld und fliegen in den Wald. 
Hier aber halten ihn im vogelschnellen Lauf 
An starken Zweigen oft die vierzehn Enden auf. 
Er reißt sich los und flucht darauf, 
Lobt seine Beine nun und lernet noch im Fliehn 
Das Nützliche dem Schönen vorzuziehn. 
Hopf u. Paulsiek, deutsches Leseb. I. 1. 
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