Full text: Für die Mittelstufe (4., 5. und 6. Schuljahr) (Teil 2, [Schülerband])

A. Erzählungen aus der alten Geschichte. 
137 
auf eine so zweideutige Art, dass die Fragenden nie recht wussten, 
wie die Antworten eigentlich gemeint wären, damit, wenn nach¬ 
her die Weissagung nicht zutraf, die Priester sagen konnten, 
sie hätten es anders gemeint. Durch die vielen und reichen 
Geschenke der Könige und reicher Privatleute waren in Delphi 
ungeheure Reichtümer aufgehäuft. Ausser den vielen vergoldeten 
Bildsäulen, mit denen die freien Plätze in der Nähe des Tempels 
gleichsam wie besäet schienen, war der Platz unmittelbar vor 
dem Tempel mit den kostbarsten Weihegeschenken der Könige 
und Völker angefüllt. Auch die Nebengebäude waren voll grosser 
Schätze, so dass die Einwohner der griechischen Provinz Phocis, 
die einmal so gewissenlos waren, den Tempel zu überfallen und 
zu plündern, an eingeschmolzenem Gold und Silber allein über 
39 Millionen Mark gewannen. 
10. Pie Gründung Noms. 
Th. B. Weiter. 
Ascanius, der Sohn des Äneas, war mit anderen trojanischen 
Flüchtlingeil nach Latium in Italien gekommen und hatte dort die 
Stadt Alba Longa erbaut. Einer von den späteren Königen dieser 
Stadt, mit Namen Procas, hinterließ die Herrschaft seinen beiden 
Söhnell Numitor und Amulius gemeinschaftlich. Der stolze Amulius 
aber, welcher beu Thron mit keinem teilen wollte, verdrängte seinen 
älteren Bruder, ermordete dessen Sohlt und machte, um vor aller 
Nachkommenschaft und Thronbewerbung gesichert zu sein, dessen 
Tochter Rea Sylvia zur Vestalin, d. i. Priesterin der Göttin Vesta. 
Als sie aber zwei Söhne gebar, Romulus und Remus, da erschrak 
der Oheim. Er ließ die Mutter lebendig begraben und die Kinder 
nach dem Tiberflusse bringen, um sie dort auszusetzen. Zum Glück 
war der Fluß ausgetreten. Die köitiglichen Diener setzten deshalb 
den Korb mit den Kindern vorll auf das seichte Wasser itub gingen 
davon. Das sinkende Wasser ließ eltdlich den Korb mit den wim¬ 
mernden Kindern auf dem Trockenen stehen. Eilte durstende Wölfin 
— so geht die Sage — kam des Weges, fand die Kinder und 
säugte sie. So traf sie ein vorüberziehender Hirt mit Namen Faustu- 
lus. Er hob die Kleinen mitleidig auf und trug sie in seine Hütte. 
Hier nun wuchs das wltnderbar gerettete Brüderpaar zu rüstigen 
Hirten heran. Vor Kampflust überfielen sie oft die Hirten des Nu¬ 
mitor. Diese, der hältfigen Neckereien des wilden Brüderpaares und 
ihrer Raubgenossen müde, ergriffen endlich den Remus und schleppten 
ihn zu ihrem Herrn nach Älba. Numitor erkannte alsbald seinen 
Enkel, offenbarte ihm das grausame Vorhaben des Amulius, und 
beide Brüder beschlossen nun, an ihrem tyrannischen Oheim sich zu 
rächen. Mit einer Schar verwegener Gesellen drangen sie in die 
Stadt, ermordeten Amulius und setzten Numitor auf den Thron.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.