Full text: [Band 1 = Sexta, [Schülerband]] (Band 1 = Sexta, [Schülerband])

Hatte es seither dem Sonnenlicht gegolten, so erinnerte es nun an 
den Lichtglanz, der in Bethlehem für alle Welt aufgegangen war, 
und der 25. Dezember ward bald als Christtag überall festlich 
begangen. Du kennst ja den heiligen Abend. Da steht der Tannen¬ 
baum mit seinem Kerzenkranz im festlich geschmückten Haus, und 
die Gaben unter seinen Zweigen erfreuen Alt und Jung, sobald 
die Glocken vom hohen Kirchturme das Fest eingeläutet oder die 
Musikanten, wie es in Oberhessen in manchen Städtchen Sitte ist, 
droben in der Höhe mit ihren Weihnachtschorälen das Christ¬ 
kind „gewiegt" haben. In den beiden südlichen Provinzen 
unseres Hessenlandes hat auch die Krippe häufig Platz darunter 
gefunden, die im Vogelsberg nur vereinzelt Eingang gewonnen 
hat. Von jeher galt die Tanne als Sinnbild des frischen Lebens 
mitten im Winter, bewahrt sie doch auch im Schnee das traute 
Grün. So zeigte sie unseren Vorfahren, daß das Leben draußen 
nur schläft, nicht gestorben ist. Den Christen aber ward sie zu 
einem Sinnbild des ewigen Lebens. Jetzt strahlt der Lichterglanz 
des Festes nicht mehr zu Ehren des Leben schaffenden Sonnen¬ 
gottes, sondern zum Preise des Kindleins in der Krippe, dessen 
Licht des Evangeliums die ganze Welt erleuchten will. 
Wir feiern jetzt ein christliches Weihnachtsfest, und die Ge¬ 
schenke, mit denen die Liebe unserer Eltern und Verwandten uns 
erfreut, sollen an die Liebe Gottes erinnern, die uns das Christkind 
verkündigt hat. Drum bringt ja auch, wie ihr wißt, das Christkind 
bei uns die Gaben am heiligen Abend, und die fröhlichen Weih¬ 
nachtslieder wie „Vom Himmel hoch da komm ich her" oder 
„Stille Nacht, heilige Nacht" ertönen ihm zu Ehren. Aber manches 
ist auch bei unserer Christfeier noch aus heidnischer Zeit geblieben. 
Seht, die Tiere, die einst die Alten den Göttern opferten, finden wir 
jetzt im Weihnachtsgebäck wieder. Pferde, Eber, Gänse und andere 
früher den heidnischen Göttern heilige Tiere liegen doch manch¬ 
mal aus feinem Teig geformt unter eurem Weihnachtsbaum. Selbst 
der Weihnachtskuchen ist rund und erinnert an das Rad des Jul- 
festes; freilich trägt manches Weihnachtsgebäck auch Bilder aus 
der christlichen Geschichte. Wer einen Paten im Odenwald hat, 
etwa in der Gegend von Lichtenberg, hat sich vielleicht selbst 
schon an den wohl gelungenen Gestalten der drei Weisen aus 
dem Morgenland gefreut, die das sogenannte Anisgebackene dar¬ 
stellte. Auch die Äpfel und Nüsse fehlten beim Weihnachts¬ 
schmaus unserer heidnischen Vorfahren nicht. Bist du aber ein¬ 
mal am heiligen Abend zu Gast bei einem Freunde, dessen Eltern
	        
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