Full text: [Band 1 = Sexta, [Schülerband]] (Band 1 = Sexta, [Schülerband])

Hungrige zu speisen. Wer die edle Frauengestalt, zur Hilfe bereit, 
von der Wartburg herabsteigen sah, der glaubte, einen Engel zu 
erblicken, und neigte demutsvoll das Haupt. 
Jedoch ihrem Gatten mißfielen diese Gänge seiner Frau. 
Einst begegnete er ihr, wie sie mit einem Körbchen den Berg 
herabkam. Unfreundlich fragte er sie, was sie da trage. In ihrer 
Angst erwiderte sie: ,,Herr, Blumen." Aber Ludwig traute ihren 
Worten nicht, er deckte ihr Körbchen auf und siehe — statt ihrer 
milden Gaben lagen, zu Elisabeths eigenem Erstaunen, duftende 
Rosen darin. 
Beschämt bat der Landgraf seine edle Gattin um Verzeihung 
und ritt seiner Wege. 
Sie aber schritt mit einem Dankgebet weiter, und als sie zu 
den Hilfsbedürftigen kam, hatten sich die Rosen wieder in stärkende 
Speisen verwandelt. 
So erzählt die Sage von dieser mildtätigen Fürstin. 
,23. Der hartgeschmiedete Landgraf. 
Jakob und Wilhelm Grimm, Deutsche Sagen. 
Ruhla im Thüringer Walde liegt eine uralte Schmiede, 
und sprichwörtlich pflegte man von langen Zeiten her 
einen strengen, unbiegsamen Mann zu bezeichnen: ,,Fr¬ 
ist in der Ruhla hart geschmiedet worden!" 
Landgraf Ludwig zu Thüringen und Hessen war anfänglich 
ein gar milder und weicher Herr, demütig gegen jedermann. Da 
huben seine Junker und Edelinge. an stolz zu werden, ver¬ 
schmähten ihn und seine Gebote; aber die Untertanen drückten 
und schätzten sie aller Enden. 
Es trug sich nun einmal zu, daß der Landgraf jagen ritt auf 
dem Walde, und traf ein Wild an; dem folgte er nach so lange, 
daß er sich verirrte, und ward berechtiget. Da gewahrte er eines 
Feuers durch die Bäume, richtete sich danach und kam in die 
Ruhla zu einem Hammer- oder Waldschmiede. Der Fürst war 
mit schlechten Kleidern angetan, hatte sein Jagdhorn umhängen. 
Der Schmied fragte, wer er wäre. „Des Landgrafen Jäger!" Da 
sprach der Schmied: „Pfui des Landgrafen, wer ihn nennet, sollte 
allemal das Maul wischen, des barmherzigen Herrn!" Ludwig 
schwieg, und der Schmied sagte zuletzt: „Herbergen will ich dich 
heunt, in dem Schuppen da findest du Heu, magst dich mit
	        
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