Full text: [Band 3, [Schülerband]] (Band 3, [Schülerband])

Roland ritt hinterm Vater her 
Mit dessen Speer und Schilde. 
Sie kamen bald zu jener Stätt', 
Wo Roland jüngst gestritten hätt'; 
Der Riese lag im Blute. 
19. Roland kaum seinen Augen 
glaubt', 
Als nicht mehr war zu schauen 
Die linke Hand, dazu das Haupt, 
So er ihm abgehauen, 
Nicht mehr des Riesen Schwert und 
Speer, 
Auch nicht sein Schild und Harnisch 
mehr, 
Nur Rumpf und blut'ge Glieder. 
20. Milon besah den großen 
Rumpf: 
„Was ist das für 'ne Leiche? 
Man sieht noch am zerhaunen Stumpf, 
Wie mächtig war die Eiche. 
Das ist der Riese! Frag' ich mehr? 
Verschlafen hab' ich Sieg und Ehr', 
Drum muß ich ewig trauern.“ — 
21. Zu Aachen vor dem Schlosse 
stund 
Der König Karl gar bange: 
„Sind meine Helden wohl gesund? 
Sie weilen allzulange. 
Doch seh' ich recht, auf Königswort, 
So reitet Herzog Haimon dort, 
Des Riesen Haupt am Speere!“ 
22. Herr Haimon ritt in trübem 
Mut, 
Und mit gesenktem Spieße 
Legt er das Haupt, besprengt mit Blut, 
Dem König vor die Füße: 
„Ich fand den Kopf im wilden Hag, 
Und fünfzig Schritte weiter lag 
Des Riesen Rumpf am Boden.“ 
23. Bald auch der Erzbischof Turpin 
Den Riesenhandschuh brachte, 
Die ungefüge Hand noch drin; 
Er zog sie aus und lachte: 
„Das ist ein schön Reliquienstück! 
Ich bring' es aus dem Wald zurück, 
Fand es schon zugehauen.“ 
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24. Der Herzog Naim von Bayer— 
land 
Kam mit des Riesen Stange: 
„Schaut an, was ich im Walde fand! 
Ein Waffen, stark und lange. 
Wohl schwitz' ich von dem schweren 
Druck; 
Heil bayrisch Bier, ein guter Schluck, 
Sollt' mir gar köstlich munden!“ 
25. Graf Richard kam zu Fuß daher, 
Ging neben seinem Pferde; 
Das trug des Riesen schwere Wehr, 
Den Harnisch samt dem Schwerte: 
„Wer suchen will im wilden Tann, 
Manch Waffenstück noch finden kann; 
Ist mir zu viel gewesen.“ 
26. Der Graf Garin thät ferne schon 
Den Schild des Riesen schwingen. 
„Der hat den Schild, des ist die Kron', 
Der wird das Kleinod bringen!“ — 
„Den Schild hab' ich, ihr lieben Herrn; 
Das Kleinod hätt' ich gar zu gern, 
Doch das ist ausgebrochen.“ 
27. Zuletzt thüt man Herrn Milon 
sehn, 
Der nach dem Schlosse lenkte; 
Er ließ das Rößlein langsam gehn, 
Das Haupt er traurig senkte. 
Roland ritt hinterm Vater her 
Und trug ihm seinen starken Speer 
Zusamt dem festen Schilde. 
28. Doch wie sie kamen vor das 
Schloß 
Und zu den Herrn geritten, 
Macht' er von Vaters Schilde los 
Den Zierat in der Mitten; 
Das Riesenkleinod setzt' er ein, 
Das gab so wunderklaren Schein 
Als wie die liebe Sonne. 
29. Und als nun diese helle Glut 
Im Schilde Milons brannte, 
Da rief der König frohgemut: 
„Heil Milon von Anglante! 
Der hat den Riesen übermannt, 
Ihm abgeschlagen Haupt und Hand, 
Das Kleinod ihm entrissen.“
	        
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