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2. Hier, von allen ganz verlassen,
sieht er eifrig mit Bemüh'n
an dem einen starken Nagel
ein barmherzig Vöglein zieh'n.
3. Blutbeträuft und ohne Rasten,
mit dein Schnabel zart und klein,
möcht' beit Heiland es vom Kreuze,
seines Schöpfers Sohn, befrei'n.
4. Und der Heiland spricht in Milde:
„Sei gesegnet für und für!
Trag' das Zeichen dieser Stunde:
Ewig Blut und Kreuzeszier."
5. Kreuzesschnabel heißt das Vöglein:
ganz bedeckt von Blut so klar,
singt es tief im Fichtenmalde
märchenhaft und wunderbar. Mosen.
72. Ostermorgen.
1. Die Lerche stieg am Ostermorgen
empor ins klarste Luftgebiet
und schmettert' hoch im Blau verborgen
ein freudig Auferstehungslied.
Und wie sie schmetterte, da klangen
es tausend Stimmen nach im Feld:
Wach' auf, das Alte ist vergangen,
wach' auf, du froh verjüngte Welt!
2. Wacht auf und rauscht durch's Thal, ihr Bronnen,
und lobt den Herrn mit frohem Schall!
Wacht auf im Frühlingsglanz der Sonnen,
ihr grünen Halm' und Länder all'!
Ihr Veilchen in den Waldesgründen,
ihr Primeln weiß, ihr Blüten rot,
ihr sollt es alle mit verkünden:
Die Lieb' ist stärker als der Tod.
3. Wacht auf ihr trägen Menschenherzen,
die ihr im Winterschlafe säumt.