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4. Die Frau nur dringender forscht und fragt,
mit Schmeicheln ihn und Hadern plagt,
mit süßem und mit bitterm Wort,
sie fragt und plagt ihn fort und fort:
Was bringt die Sonne nicht an den Tag?
5. Nein, nimmermehr! — Du sagst es mir noch. —
Ich sag' es nicht. — Du sagst es mir doch. —
Da ward zuletzt er müd' und schwach
und gab der Ungestümen nach. —
Die Sonne bringt es an den Tag.
6. Auf der Wanderschaft, 's ftitb zwanzig Jahr',
da traf es mich einst gar sonderbar;
ich hatt' nicht Geld, nicht Ranzen noch Schuh',
war hungrig und durstig und zornig dazu. —
Die Sonne bringt's nicht an den Tag.
7. Da kam mir just ein Jud' in die Quer',
ringsher war's still und menschenleer:
Du hilfst mir, Hund, aus meiner Not;
den Beutel her, sonst schlag' ich dich tot!
Die Sonne bringt's nicht an den Tag.
8. Und er: vergieße nicht mein Blut,
acht Pfennige sind mein ganzes Gut!
Ich glaubt' ihm nicht und fiel ihn an;
er war ein alter, schwacher Mann —
die Sonne bringt's nicht au den Tag.
9. So rücklings lag er blutend da;
sein brechendes Aug' in die Sonne sah;
noch hob er zuckend die Hand empor,
noch schrie er röchelnd mir in's Ohr:
Die Sonne bringt es an den Tag.
10. Ich macht' ihn schnell noch vollends stumm
und kehrt' ihm die Taschen um und um:
acht Pfenn'ge, das war das ganze Geld;
ich scharrt' ihn ein auf selbigem Feld —
die Sonne bringt's nicht an den Tag.