11. Dann zog' ich weit und weiter hinaus,
kam hier ins Land, bin jetzt zu Haus. —
Du weißt nun meine Heimlichkeit,
so halte den Mund und sei gescheit;
die Sonne bringt's nicht an den Tag.
12. Wann aber sie so flimmernd scheint,
ich merk' es wohl, was sie da meint,
wie sie sich müht und sich erbost, —
du, schau nicht hin und sei getrost:
Sie bringt es doch nicht an den Tag.
13. So hatte die Sonn' eine Zunge nun,
der Frauen Zungen ja nimmer ruh'n. —
Gevatterin, um Jesus Christ!
Laßt Euch nicht merken, was Ihr nun wißt. —
Nun bringt's die Sonne an den Tag.
14. Die Raben ziehen krächzend zumal
nach dem Hochgericht, zu halten ihr Mahl.
Wen flechten sie aufs Rad zur Stund'?
Was hat er gethan? wie ward es kund?
Die Sonne bracht' es an den Tag. Chamisso.
173. Die weibliche Erziehung im Nitterstande.
Aür die Ausbildung des jungen Geschlechts geschah manches,
nach unsern Begriffen jedoch äußerst wenig. Bei Knaben wurde,
falls sie sich nicht dem geistlichen Stande widmen sollten, an gei¬
stige Kultur kaum gedacht. Man ließ es im allgemeinen genug
sein, wenn die heranwachsenden Jünglinge das Glaubensbekenntnis,
das Vaterunser, die Beichtformel, die Turnierregeln und einige
Pferde- und Hundekur-Rezepte innehatten. Lesen und Schreibei,
waren ja Künste des Klerus, um welche sich auch der vollkommenste
Ritter nicht zu kümmern brauchte, und welche er sogar verachten
durfte. Verstanden doch selbst große mittelalterliche Dichter, wie
z. B. Wolfram von Eschenbach, nicht, dieselben zu üben. Die Er¬
ziehung der männlichen Jugend hatte als Hauptziel die Tüchtigkeit
im Weidwerk, dessen beliebtester und geehrtester Teil die Falken¬
jagd war, und im Kriegswesen, daneben aber auch Fertigkeit in den