Full text: (Fünftes und sechstes Schuljahr) (Teil 3, [Schülerband])

„Laßt mit euch handeln!" sagt mein Alter, „ich biete zwölf Jahr 
-- höchstens!" 
„Nit raus! Nit raus!" kauderwelschten die wieder. 
„Wilhelm! Ludwig! Kommt einmal her!" rief mein Alter jetzt die 
Jungen, die sogleich angesprungen kamen und sich an seine Knie stellten. 
„Richt't euch I" rief mein Alter, „Augen rechts! Seht mal, Jungens, 
die da, das sind Franzosen, die eigentlich hier nicht in unsre Stube 
gehören. Das kleine Annchen kann gar nicht schlafen vor ihrem Spek¬ 
takel — und doch haben sie Lust, immer da zu bleiben! Was meint 
ihr, Jungens, wenn ihr stark genug wärt?" 
Guckten meine Jungen gewaltig wunderbar aus den Augen und 
die Franzmänner an und dann sich und dann meinen Alten! 
„Das sich finden — ich groß werden, ich schon Pustcbacks Theodor- 
zwinge", sagte Wilhelm, mein Kleinster. Ludwig, mein Ältester, sagte 
gar nichts, aber auf einmal rann ihm eine dicke Träne über die Backe, 
und sein Vater klopfte ihm auf die Schulter und sagte: „Warte nur, 
mein Junge, du kommst zuerst." 
Die Franzosen hatten ihren Heidenjnbel, und besonders einer — sie 
nannten ihn Piär oder so — wußte sich gar nicht zu helfen vor Lachen. 
Mein Alter aber war sehr ernst geworden und sprach den ganzen Abend 
kein Wort mehr. Die andre Woche zogen die Franzmänner ab und 
lachten noch beim Abschied, als sie uns allen die Hand drückten und 
ordentlich sich bedankten für gute Bewirtung: 
„Nit raus! Nit raus!" 
„Wird sich finden", sagte mein Alter. „Wird sich finden!" schrien 
meine beiden Jungen. 
3. 
Gut. Nun kamen lange Jahre und immer andre Franzosen. 
„Bald ist's genug", brummte mein Gottfried. Und einmal zogen 
sie alle hinauf nach Norden, aber zurück kam keiner. Und dann fing's 
auf einmal an zu rumoren im Lande, und an den Ecken klebten ganz 
andre Zettel, die mein Alter immer las, und wobei er mit dem Hvpf 
nickte. Er war die Zeit nicht viel zu Haus. 
Da kam er eines Tages zurück und rief den Ludwig ans der 
Werkstatt, und sie kamen beide in die Küche zu mir. 
„Sieh, Mutter", sagte mein Gottfried, „'s ist gut, daß dein Feuer 
brennt. Paß auf, Ludchen!" Damit zog mein Alter seine Zipfelmütze 
aus der Tasche und warf sie unter meinen Topf, daß sie verschwielte 
und das ganze Haus voll Qualm ward; dann ging er mit meinem 
Ludwig fort und kam allein und ganz still wieder. 
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