Full text: [Teil 1 = Sexta, [Schülerband]] (Teil 1 = Sexta, [Schülerband])

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dringen, aber sie wären darin hängen geblieben nnd eines traurigen 
Todes gestorben. Da sprach der Jüngling: „Ich fürchte mich nicht, 
ich will hinaus und das schöne Dornröschen sehen." Der gute Alte 
riet ihm ab, aber er hörte gar nicht darauf. 
3. Nun waren aber gerade die hundert Jahre verflossen, und der 
Tag war gekommen, wo Dornröschen wieder erwachen sollte. Als der 
Königssohn sich der Dornenhecke näherte, waren es lauter große, 
schöne Blumen, die taten sich von selbst auseinander und ließen ihn 
unbeschädigt hindurch, nnd hinter ihm taten sie sich wieder als eine 
Hecke zusammen. Im Schloßhofe sah er die Pferde und scheckigen 
Jagdhunde liegen und schlafen, auf dem Dache saßen die Tauben 
und hatten das Köpfchen unter den Flügel gesteckt. Und als er ins 
Haus kam, schliefen die Fliegen an der Wand, der Koch in der 
Küche hielt noch die Hand, als wollte er den Jungen anpacken, und 
die Magd saß vor dem schwarzen Huhne, das sollte gerupft werden. 
Da ging er weiter und sah im Saale den ganzen Hofstaat liegen 
und schlafen, und oben bei dem Throne lag der König und die 
Königin. Da ging er noch weiter, und alles war so still, daß einer 
seinen Atem hören konnte, und endlich kam er zu dem Turme 
und öffnete die Tür zu der kleinen Stube, in welcher Dornröschen 
schlief. Da lag es und war so schön, daß er die Augen nicht ab¬ 
wenden konnte, und er konnte es auch nicht lassen, bückte sich 
und gab ihm einen Kuß. Wie er es mit dem Kusse berührt hatte, 
schlug Dornröschen die Augen auf, erwachte und blickte ihn ganz 
freundlich an. Da gingen sie zusammen herab, und der König er¬ 
wachte und die Königin und der ganze Hofstaat und sahen einander 
mit großen Augen an. Und die Pferde im Hofe standen auf und 
rüttelten sich; die Jagdhunde sprangen und wedelten; die Tauben 
auf dem Dache zogen das Köpfchen unterm Flügel hervor, sahen 
umher und flogen ins Feld; die Fliegen an den Wänden krochen 
weiter; das Feuer in der Küche erhob sich, flackerte und kochte 
das Essen; der Braten fing wieder an zu brutzeln; der Koch gab 
dem Jungen eine Ohrfeige, daß er schrie, und die Magd rupfte das 
Huhn fertig. Und da wurde die Hochzeit des Königssohnes mit dem 
Dornröschen in aller Pracht gefeiert, und sie lebten vergnügt bis 
an ihr Ende. Brüder Grimm. 
22. Snccwiltchcn. 
1. Es war einmal mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen wie 
Federn vom Himmel herab, da saß eine Königin an einem Fenster, das 
einen Rahmen von schwarzem Ebenholze hatte, und nähte. Und wie sie
	        
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