Full text: [Teil 2 = Quinta, [Schülerband]] (Teil 2 = Quinta, [Schülerband])

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61. Die Stellvertreter. 
Ein reicher Jüngling zu Rom hatte krank gelegen an einem schweren 
Übel; endlich genas er und ward gesund. Da ging er zum ersten 
Male hinaus in den Garten und war wie neugeboren und voll Freude 
und lobte Gott mit lauter Stimme. Und er wandte sein Antlitz gen 
Himmel und sprach: „O du Allgenugsamer, könnte ein Mensch dir etwas 
vergelten, wie gern wollte ich alle meine Habe geben!" Solches hörte 
Hermas, genannt der Hirte, und sprach zu dem reichen Jünglinge: „Von 
oben kommt die gute Gabe; dahin vermagst du nichts zu senden. Komm, 
folge mir!" 
Der Jüngling folgte dem frommen Greise, und sie kamen in eine 
dunkle Hütte; daselbst war eitel Jammer und Elend. Denn der Vater 
lag krank, und die Mutter weinte; die Kinder aber waren nackend und 
schrieen nach Brot. Da erschrak der Jüngling. Hermas aber sprach: 
„Siehe hier einen Altar für dein Opfer! Siehe hier des Herrn Brüder 
und Stellvertreter!" Da that der reiche Jüngling seine Hand über sie 
auf und gab ihnen reichlich und pflegte der Kranken. Und die erquickten 
Armen segneten ihn und nannten ihn einen Engel Gottes. Hermas 
aber lächelte und sprach: „So wende du immer dein dankbares Antlitz 
erst gen Himmel und dann zur Erde!" F. A. Krummacher. 
62. Die drei Hausräte. 
„Wie fangt Jhr's denn an, lieber Nachbar, daß Euer Hauswesen 
so wohl bestellt ist, und man sieht doch nichts Besonderes an Euch und 
an dem, was bei Euch vorgeht? Wir andern arbeiten doch auch und 
geben acht auf das Unsrige und halten es zu Rat, so gut es gehen 
mag, und doch nützt es nicht." Der Nachbar antwortete: „Ich wüßte 
nicht, was schuld daran sein sollte, es wären denn nur meine drei 
Hausräte, denen ich wohl das alles zu verdanken habe." — „Eure drei 
Hausräte? Wer sind denn die?" — „Der Haushund, der Haushahn 
und die Hauskatze." — „Ihr spottet!" — „Es ist mein barer Ernst; 
denn seht, der Haushund bellt, wenn ein Feind herbeischleicht, und da 
heißt es denn: Aufgeschaut! Der Haushahn kräht, wenn der Tag an¬ 
bricht, und da heißt es denn: Aufgestanden! Und die Hauskatze putzt 
llch, wenn ein werter Gast kommt, und da heißt es denn: Aufgerichtet!" — 
"Ich versteh', Nachbar, was Ihr damit sagen wollt. Ihr meint, daß 
drei Dinge nötig seien, um dem Hauswesen aufzuhelfen: Vorsorge gegen 
alles, was schaden kann, Thätigkeit in allem, was nützen kann, und 
Lesebuch für höhere Lehranstalten. II. 11
	        
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