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16. Das Jesusbrünnlein.
1. Hoch auf dem Hörfelberge
Hielt unter treuer Hut
Ein Schäfer feine Herde
In heißer Sonnenglut.
2. Die armen Schafe lechzten
Nach einem Wasserstrahl;
Der Hirte selber schwankte,
Matt von des Durstes Qual.
3. Wohin er ging und blickte,
Vertrocknet war der Quell,
Vertrocknet Fluß und Bächlein,
Hinrieselnd sonst so hell.
4. Da fällt er auf die Kniee
Und stammelt im Gebet,
Indes vor seinen Augen
Sich Erd' und Himmel dreht:
5. „Mein Jesus, lieber Heilands
Hilf gnädig mir durch Gott,
O hilf mir durch Maria
Aus meiner großen Not!"
6. Und als er zu dem Himmel
Noch betend sah empor,
Sprang aus dem nahen Felsen
Ein frischer Quell hervor.
7. Dem Heiland freudig dankend
Streckt' aus er seine Hand
Und schöpfte neues Leben
Sich an der Felsenwand.
8. Und nie seitdem versiegte
Der kühle Gnadenquell;
Das Jesusbrünnlein rieselt
Noch heute silberhell.
Bube.
17. Von des Kaisers Kart.
1. Am Schank zur goldnen Traube,
Ta saßen im Monat Mai
In blühender Rosenlanbe
Guter Gesellen drei.
2. Ein frischer Bursch war jeder,
Der erst' am Gurt das Horn,
Der zweit' am Hut die Feder,
Der dritte mit Koller und Sporn.
3. Es trug in funkelnden Kannen
Der Wirt den Wein auf den Tisch;
Lustige Reden sie spannen
Und sangen und tranken frisch.
4. Da war auch einer drunter,
Der grüne Jägersmann,
Vom Kaiser Rotbart munter
Zu sprechen hub er an:
5. „Ich habe den Herrn gesehen
Am Rebengestade des Rheins;
Zur Messe wollt' er gehen
Wohl in den Dom nach Mainz.
6. Das war ein Bild, der Alte,
Fürwahr von Kaiserart!
Bis auf die Brust ihm wallte
Der lange braune Bart."
7. Ins Wort fiel ihm der zweite.
Der mit dem Federhut:
„Ei, Bursch, bist du gescheite?
Dein Märlein ist nicht gut.
8. Auch ich hab' ihn gesehen
Auf seiner Burg im Harz.
Am Söller thät er stehen,
Sein Bart, sein Bart war schwarz."