Full text: [Teil 4 = Kl. 6, [Schülerband]] (Teil 4 = Kl. 6, [Schülerband])

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97. Die f oreüe. von Karl r«b. 
Meine Freunde. Lebensbilder u. Schilderungen aus der Tierwelt. Berlin o. J. 8. 281. 
bei* Felswände und Zacken stürzt sich ein kleiner Wild¬ 
bach tosend, sprudelnd und schäumend hinab in die 
gähnende Tiefe. Oberhalb des Falles, wo das sonst 
überall unruhige Gewässer ein wenig stiller dahin¬ 
fließt, steht, au eine alte Weide gelehnt und hinter 
ihrem knorrigen Stamme möglichst verborgen, ein 
Angler. Er hat es mit einem gar scheuen und 
vorsichtigen Wilde zu tun; deshalb muß er recht auf der Hut sein, 
sonst kann er viele Stunden lang stehen, ohne auch nur einen Fisch zu 
erhaschen. 
Unser Mann versteht indessen sein Handwerk; eine Menge Forellen 
zieht er empor, eine immer größer und fetter als die andere. Es sind 
Bachforellen, die schönsten und schmackhaftesten aller unserer einheimischen 
Fische. Ihres zarten, außerordentlich wohlschmeckenden Fleisches wegen 
stellt man ihnen sehr emsig nach. Am häufigsten werden sie geangelt, 
und ihre Raubgier und Gefräßigkeit treibt sie trotz aller Vorsicht meistens 
sehr bald an den mörderischen Haken. Außerdem sängt man sie in 
kleinen Netzen oder in Netz- und Rutenreusen. In sehr flachen Bächen 
oder Seen geht man ihnen in dunkeln Nächten mit Kienfackeln oder 
Laternen nach und fängt sie bei dem Feuerschein in Netzkeschern oder 
sticht sie mit kleinen Speeren. Am ergiebigsten ist der Fang, wenn man 
die schmalen Gebirgsbäche, welche die Forellen besonders gern bewohnen, 
zeitweise ableitet und in den trockengelegten Betten die Fische unter 
den hohlen Ufern und Steinen hervorsucht. 
Mit allen diesen Fangarten wird alljährlich eine unglaubliche Menge 
von Forellen erlegt. In der Schweiz, wo sie von den vielen Fremden 
als Leckerbissen geschätzt und sehr teuer bezahlt werden, ist ihr Verbrauch 
ein so bedeutender, daß man ihn wohl auf mehrere hundert Zentner im 
Jahre schätzen darf. 
Bei uns in Deutschland lebt die Forelle in den meisten Gebirgs¬ 
bächen und wird auch häufig in Teichen und Weihern gezüchtet. Diese 
muffcn möglichst klares, am besten eiskaltes und doch weiches Quell¬ 
wasser, steinigen und sandigen Boden, schattige Ufer und starken Zufluß 
haben. Man bevölkert diese Teiche mit kleinen Weißfischen, Gründ¬ 
lingen, Elritzen, die den Forellen zur Nahrung dienen; auch junge 
Frösche und Froschlaich, ferner Fischbrut allerart, kleingehacktes Fleisch, 
Rindsleber und Eingeweide gibt man ihnen. In trübem oder warmem 
Wasser sterben sie bald. Ihr Lebensfaden ist ein außerordentlich zarter; 
irgendein Wärmewechsel, eine leichte Verwundung, ein rauhes Anfassen 
töten sie sehr schnell.
	        
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