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Tiere seltener, schwellen aber an und kränkeln einige Zeit. Den
kaltblütigen Amphibien scheint der Biß nicht zu schaden. Unter ein¬
ander suchen sie selbst im Streit sich sorgfältig vor dem Beißen zu
hüten. Gefangen nimmt diese Otter durchaus keine Nahrung zu sich
und bleibt oft 12 bis 16 Monate am Leben. Die zu ihr gesperrten
Mäuse pflegt sie zu töten, aber nicht gu verzehren; sie giebt sogar
bei der Gefangennehmung oft die zuletzt genommene Speise wieder
her und hungert sich dann zu Tode.
3. Bon einer Zähmbarkeit des Tieres ist keine Rede. Auch in
der Freiheit scheint sie wenig Nahrung einzunehmen und sucht sich
eine neue Maus erst wieder nach etlichen Tagen. Man fängt sie
leicht, wenn man ihr mit dein Stiefel auf den Kopf tritt, den Schwanz
mit der Hand faßt und sie so in eine Schachtel schlüpfen läßt. Sie
vermag es bei wütendem Gezisch nicht, sich nach der Hand am
Schwänze zurückzubringen. Ein geübter Schlangenfänger kann sie
auch ohne weiteres mit der Hand vom Boden aufheben. Hat man
Stiefel an, so läuft man gar keine Gefahr; denn diese Giftwürmer er¬
heben sich nicht über sie hinauf und beißen nicht durch das Leder.
Nicht ganz selten geschieht es, daß Kinder, Holzhauer, Wild-
heuer, Jäger und Wanderer gebissen werden. Wenn der Gebissene
nicht erhitzt ist, wobei das Gift schneller in das Blut tritt, oder die
Viper nicht in kräftigem Stand ist, so hat die Wunde keine tödlichen
Folgen, wenn der Verletzte nur den Mut nicht verliert, sogleich die
Wunde aussaugt, dann ausschneidet, unterbindet oder mit Schwamm
ausbrennt. Hierauf legt man etwas Ätzendes auf, Scheidewasser,
Lauge oder wenigstens Branntwein. Das Aussaugen ist bei gesundem
Munde und nicht allzu starker Anstrengung gefahrlos, da das Ottern¬
gift dem Magen ganz unschädlich ist und nur unmittelbar im Blute
wirkt. Kann man die Wunde weder aussaugen noch ausschneiden,
so unterbindet man sie wenigstens so fest als möglich und legt eine
glühende Kohle darauf und nachher Ätzstoff. Schon nach wenigen
Minuten macht das Gift starken Schwindel, zersetzt das Blut, bringt
es in faulige Gärung; der Verwundete wird todesmatt, es stellen
sich Erbrechen, Krämpfe, Schlingbeschwerden, Ohnmachten ein, die
Wunde schwillt an, wird aber nur unter den ungünstigsten Umständen
tödlich.
4. Daß man aber die Gefahr nicht mutwillig herausfordern soll,
dafür giebt eine Geschichte den Beweis, welche der Naturforscher
Lenz erzählt:
I.
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