Einzelne Züge aus dem Leben deutscher Fürsten.
hohe Würde nicht stolz und anmaßend. und goß nach ihm mit einem Kübel Wasser.
So besuchte er als Kaiser noch einen reichen Der Kaiser blieb gelassen und ging triefend
Gerber aus Basel, mit dem er früher be- ins Lager zurück. Zu Mittag aber schickte
kannt gewesen, und stand vor einem Bürger er einen seiner Diener mit mehreren Schüs—⸗
aus Zürich vom Thron auf, weil dieser seln zu der Frau und ließ dabei sagen,
ihm einst das Leben gerettet hatte. Man das schicke ihr der Reitersmann, den sie
sah ihn wohl im Felde seine einfache Klei- so begossen habe. Wie erschrak die Frau,
dung mit eigener Hand ausbessern und als sie hörte, daß dieser der Kaiser selbst
seinen Hunger mit ungekochten Rüben stillen. sei! Sie lief eiligst in das Lager hinaus
Wegen seiner Einfachheit ward er oft ver- und warf sich ihm zu Füßen. Rudolf
kannt und hatte manch kurzweiliges Aben- aber hieß sie aufstehen und legte ihr keine
teuer. Einst, da das kaiserliche Hoflager andere Strafe auf, als daß sie vor der
bei Mainz stand, kam er in seinem ge— ganzen Gesellschaft den Vorfall mit allen
wöhnlichem Wams in die Stadt. Es war Schimpfwörtern, die sie dem Kaiser gegeben,
strenge Kälte, und er trat in das eben erzählen solle. Das that denn die Frau
offenstehende Haus eines Bäckers, um sich zum großen Ergötzen des muntern Kreises.
am Backofen zu wärmen. Die Frau des Rudolf starb nach achtzehnzähriger Re—
Bäckers, die ihn für einen gemeinen Kriegs- gierung im Jahre 1291 zu Germersheim,
knecht hielt, wollte das nicht leiden und allgemein betrauert. Seine Biederkeit und
schimpfte aus Leibeskräften auf seinen Gerechtigkeitsliebe waren sogar zum Sprich—
Bettelkaiser, der mit seinen Leuten dem worte geworden, so daß man von einem
Bürger so zur Last falle. Rudolf lächelte. gewissenlosen Menschen sagte: „Der hat
Darüber wurde das Weib noch zorniger Rudolfs Redlichkeit nicht!“ Welter.
III.
Einzelnue Züge aus dem Leben deulscher Fürslen.
e Nachbar; und die Gedanken des Königs
88. e und sein störten zwar das Räderwerk der Mühle
nicht, aber manchmal das Klapperwerk der
Der König Friedrich II. von Preußen Räder die Gedanken des Königs. Der ge—
hatte acht Stunden von Berlin ein schönes neigte Leser sagt: Ein König hat Geld
Lustschloß und war gern darin, wenn nur wie Laub, warum kauft er dem Nachbar
nicht ganz nahe dabei die unruhige Mühle die Mühle nicht ab und läßt sie nieder—
gewesen wäre. Denn erstlich stehen ein reißen? Der König wußte, warum. Denn
königliches Schloß und eine Mühle nicht eines Tages ließ er den Müller rufen.
gut neben einander, obgleich das Weißbrot „Ihr begreift,“ sagte er zu ihm, „daß wir
auch in dem Schlosse nicht übel schmeckt, zwei nicht neben einander bestehen können.
wenn die Mühle fein gemahlen und der Einer muß weichen. Was gebt Ihr mir
Ofen wohl gebacken hat. Außerdem aber, für mein Schlößlein?“ Der Müller sagte:
wenn der König in seinen besten Gedanken „Wie hoch haltet Ihr es, Königlicher Herr
war, nicht an den Nachbar dachte: auf Nachbar?“ Der König erwiderte ihm:
einmal ließ der Müller seine Mühle klap- „Wunderlicher Mensch, so viel Geld habt
pern und dachte auch nicht an den Herrn Ihr nicht, daß Ihr mir mein Schloß ab—