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er wieder und sagt: „Na, Kerl, da kannst du mehr als Brot essen." Ich
denke: na, diesmal ist die Sache glatt abgelaufen, und dem Adjutanten
seine Plauscherei hat doch nichts genützt.
Da hieß es am folgenden Tage plötzlich: „Seine Majestät der König
kommt." Na, das war eine Freude, als der alte Herr kam. Er fuhr
vorbei, und ich hatte mir schon so ein paar Kartoffeln verwahrt, denn ich
hatte einen heidenmäßigen Hunger. Da kommt plötzlich unser Adjutant
auf mich herangesprengt und sagt, ich solle auf der Stelle zu Seiner
Majestät kommen. Na ich denke, der Schlag soll mich rühren, aber ich
sammle mich wieder und sage: „Zu Befehl. Ich habe ja nichts Böses be¬
gangen." Der Adjutant grinste aber so mit dem Gesichte, als wollte er
sagen: „Wart' Kerl, nun habe ich dich gekriegt für das Nichtparieren; du
sollst doch nicht so leicht wegkommen." Ich habe wahrhaftig nicht gedacht,
daß ein Mensch so hinterhältig sein kann. Also mir sind die Beine wackelig,
und ich werde in ein Haus geführt und dann in einen Saal, da hat's
gerochen, daß einem das Wasser im Maul zusammengelaufen ist, so gut.
Ich denke eben: na, wer da mitessen könnte, da muß ich schon ins Neben¬
zimmer.
Jetzt kommt der König auf mich zu und ist so freundlich wie die liebe
Sonne und sagt: „Mein Sohn, wie war denn die Geschichte gestern mit
den Patronen? Erzähle mir einmal alles, was du weißt, ganz genau." —
„Zu Befehl, Majestät," sage ich und erzähle alles gerade wie's gewesen
ist, und daß ich das Signal wohl gehört, aber das liebe Gut nicht hätte
liegen lassen wollen. Und wie der Adjutant gekommen und geschrieen hätte:
„Zurück, Kerls!" da hätte ich allerdings geglaubt, daß keine Zeit zum
Komplimentmachen sei, und hätte so gesagt: „Ach was, ich verschieße erst
meine Patronen." „Das ist das Ganze gewesen, Herr König, weiter hab'
ich nichts verbrochen."
Da lachte der König über das ganze Gesicht und sagte: „Das hast
du brav gemacht, mein Sohn." Ich dachte: na, nun ist's gut, nun mag
der Adjutant sagen, was er will. Da fragte mich Seine Majestät:
„Hast du schon zu Mittag gegessen, mein Sohn?" — „Zu Befehl, Euer
Majestät," sagte ich, „ich bin noch mundnüchtern." — „Du hast wohl
tüchtigen Hunger?" — „Ja, und der Durst ist auch nicht schlecht."
Da lachte der König wieder übers ganze Gesicht und sagte, ich sollte
mitessen.
Ich setzte mich dann an den schönen, großen Tisch mit all den hohen
Herrn und Generals. Da war Suppe, Erbsensuppe, aber nicht von der
Berliner Erbswurst. Es war aber der Teller nur halbvoll, daß ich dachte:
wenn du nur mehr von der Suppe haben könntest. Als ich fast fertig
war, rief der König herüber: „Möchtest du noch etwas Suppe haben,