176
den schwanken, zähen Zweigen und den schmalen Blättern. Das Wurzel¬
geflecht der Korbweide befestigt das Ufer. Die Erle hat eine dunkle,
weißpunktierte Rinde, schwarzgrünes Laub und eiförmige Fruchtzäpfchen;
die Pappel eine Helle Rinde, anliegende Äste, hellgrüne und bewegliche
Blätter und lange, wollige Blütenkätzchen.
Wenn der Frühling beginnt, so fangen die Wiesen an zu grünen.
Sie legen ihr schmutziges Winterkleid ab, und viele tausend Graspflänzchen
stehen nebeneinander. Ihre Blätter sind ganz schmal und lang. Sie
bilden einen dichten Rasen, der die dünnen, schwachen Grashalme festhält,
daß sie nicht vom Winde geknickt werden. Die Graspflänzchen haben
Wurzeln, die die kleinen Pflanzen im Boden festhalten und ein Bündel
von zahlreichen, außerordentlich verästelten, grauweißen Fasern bilden.
Die Wurzeln führen den jungen Pflänzchen Nahrung aus der Erde zu.
Wenn im Frühling die Sonne einige Zeit den grünen Wiesenteppich erwärmt
hat, so brechen die bunten Blumen hervor, welche ihn schmücken.
In den ersten Frühlingstagen blüht das Gänseblümchen auf. Es liegt
mit seinem weißen Sternchen noch halb auf der Erde. Bald folgt ihm
am Raine das Hirtentäschchen mit seinen dreieckigen Schötchen und das
Hungerblümchen. In wasserreichem Boden tritt mit kräftigerem Wüchse
das Wiesenschaumkraut hervor. Alle sind in weiße Farben gekleidet. —
Bald kommen auch Blumen mit gelben Blüten. An Gebüschen auf sonnigen
Hügeln zeigt sich die Schlüsselblume.
Auf den Niederungen kommt in großer Menge der gelbe Hahnen¬
fuß und die Dotter- oder Kuhblume mit den fetten, dunklen Blättern.
Bald folgen noch Pflanzen mit bunteren Blüten. Die rötliche Rispe des
Ampfers tritt hervor; an feuchten Stellen folgt die Lichtnelke oder Fleisch¬
blume mit der zerrissenen, flatternden Blüte; bald zeigt sich auch der
Klee mit seinem Dreiblatte und dem roten, honigreichen Köpfchen. Leuchtend
erhebt dann die große Kamille ihren weißen Stern mit dem gelben Knopfe
in der Mitte. Neben sie stellt sich der Löwenzahn oder die Kettenblume;
noch höher steigt die Distel mit dem weichen, purpurfarbigen Blütenkopfe.
So wird das Grün der Wiese von blendenden Farben allmählich
überdeckt. Endlich beginnt auch das Gras seine mattfarbigen Blüten
zu treiben. Da schießt Halm an Halm auf mit zierlich gestalteten Blüten.
Und in diesem Walde von Halmen und Blüten regt sich munteres
Leben der Tiere. In der grünen Dämmerung lassen sich die Amsel und
die Nachtigall hören. Im sonnigen Lichte über der Wiese frohlockt die
Lerche. Da summen Bienen, tanzen Mücken, zirpen Grillen und schweben
Schmetterlinge über die Blüten hin. Im schattigen Erlengebüsche zwitschert
der Zeisig. Im Schwarzdornstrauche lärmen die Feldsperlinge. Auf der
Wiese haben auch die Kinder ihre Lust. Da winden die Mädchen den