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machen lange Hälse und äugen nach der Steinbank, neben der es
so sonderbar rauscht und raschelt. Dann rudern sie alle nach dem
jenseitigen Ufer, immer argwöhnisch zurückäugend. Schließlich be¬
ruhigen sie sich; drüben ist es still geworden. Wieder setzt das
Geplätscher und Geschnatter der Enten ein; daß eine von ihnen
fehlt, merken sie nicht.
Bewacht von düsteren Eiben steht an der Parkmauer ein alter
Turm, verwittert und brüchig. Fast nie kommen Leute aus dem
Schlosse dorthin. Nur die Teckel haben eine besondere Vorliebe für
das alte Gemäuer, der Ratten wegen, wie der Gärtner meint. Aber
auch in der Mühle sind Ratten und in den Stallungen, aber niemals
stellen sich die Hunde so verrückt an wie bei dem alten Turme,
und wenn der Gärtner dort einmal hineinkletterte, so würde er
allerlei gewahr werden. Eine hohe Schicht von Federn, Knochen,
Haut und Haar liegt da und vermodert. Drossel und Taube, Häher
und Star, Haus- und Wildente, Huhn und Taube sind da gerupft,
Eichkatze und Ratte, Maus und Kaninchen sind da zerrissen. Alles,
was der Marder im Parke erjagte, hat er da in aller Ruhe gefressen.
Auch den Erpel hat er dorthin geschleppt und durch das
Mauerloch unter dem dichten Eibengestrüpp in den Turm gezerrt.
Und nun liegt er dort und frißt.
Es ist Sommer geworden. — Unter der Taterneiche sitzt das
Fräulein aus dem Schlosse und sieht träumend über ihr Buch in
den grünen Wald. Auf einmal schreit sie auf und springt empor,
denn auf ihre Knie fällt ein Eichkätzchen und rast über die Straße,
und hinter ihm her plumpst ein langes, großes, braunes Tier und
saust hinter der Eichkatze her, die in Todesangst an einer Buche
emporklimmt. Aber hinter ihr her klettert der Marder, und ob es
auch sechs Male rund um den Baum huscht und sich abermals von
oben herab in die Blumen am Boden stürzt, der Verfolger springt
hinterdrein, und ehe es die nächste Buche erreicht, faßt er es im
Genick, richtet sich auf den Keulen auf, äugt das mit dem Sonnen¬
schirm fuchtelnde und ihn anschreiende Fräulein an und huscht an
ihr vorbei auf die Taterneiche zu, auf deren Rückseite er ver¬
schwindet, das zappelnde Eichhörnchen im Rachen. Ganz gemäch¬
lich holzt er von Ast zu Ast, bis er sich sicher genug fühlt, und
dann verzehrt er behaglich seine Beute.
Drei Tage und noch länger meidet er die Sonne. An einem
hellen Mittag fällt es ihm ein, daß er hungrig ist. Er kriecht
am Hange herum, wo allerlei bunte Käfer schwirren, und sucht
Erdbeeren. Nur die ganz reifen nimmt er, denn er ist ein Lecker-