Full text: [Teil 3 = Kl. 7, [Schülerband]] (Teil 3 = Kl. 7, [Schülerband])

Lange wußten sie sich den Sinn des Spruches nicht zu deuten; 
endlich aber erkannte Deukalion die Bedeutung des Gebotes. „Die 
Götter sind fromm und wollen keinen Frevel," sagte er. „Unser aller 
Mutter ist die Erde; ihre Gebeine sind die harten Steine, die sollen wir 
rückwärts werfen." Beide verhüllten nun ihre Häupter, lösten die Glieder 
und warfen Steine rückwärts. Und siehe, die Steine regten sich und 
nahmen menschliche Gestalt an. Aus den von Deukalion geworfenen 
Steinen wurden Männer, aus denen der Pyrrha Weiber. 
Aus harten Steinen war das neue Geschlecht erwachsen, und zu 
harter Arbeit im Schweiße seines Angesichts war es bestimmt durch des 
Göttervaters Ratschluß. 
45. Von Gustav Schwab. 
Die schönsten Sagen des klassischen Altertums. 26. Aufl., besorgt von Gotthold 
Klee. Gütersloh 1898. 8. 69. 
antalus, ein Sohn des Zeus, herrschte zu Sipylus in Lydien und 
war außerordentlich reich und berühmt. Wenn je einen sterblichen 
Mann die olympischen Götter geehrt haben, so war es dieser. Seiner 
hohen Abstammung wegen wurde er zu ihrer vertrauten Freundschaft 
erhoben. Zuletzt durfte er an der Tafel des Zeus speisen und alles mit 
anhören, was die Unsterblichen unter sich besprachen. Aber sein eitler 
Menschengeist vermochte das überirdische Glück nicht zu tragen, und er 
fing an, mannigfach gegen die Götter zu freveln. Er verriet den 
Sterblichen die Geheimnisse der Himmlischen. Er entwandte von ihrer 
Tafel Nektar und Ambrosia und verteilte den Raub unter seine irdischen 
Genossen. Er barg den köstlichen goldenen Hund, den ein anderer aus 
dem Zeustempel zu Kreta gestohlen hatte, und als dieser ihn zurück¬ 
forderte, leugnete er mit einem Eide ab, ihn erhalten zu haben. Endlich 
lud er im Ubermute die Götter wieder zu Gaste, und um ihre All¬ 
wissenheit auf die Probe zu setzen, ließ er ihnen seinen eigenen Sohn 
Pelops schlachten und zurichten. Nur Demeter, in kummervolle Ge¬ 
danken an ihre geraubte Tochter Persephone versunken, verzehrte von 
dem gräßlichen Gericht ein Schulterblatt; die übrigen Götter aber merkten 
den Greuel, warfen die Glieder des Knaben in einen Kessel, und die 
Parze Klotho zog ihn mit erneuter Schönheit hervor. Anstatt der ver¬ 
zehrten Schulter wurde eine elfenbeinerne eingesetzt. 
Jetzt hatte Tantalus das Maß seiner Frevel erfüllt und wurde 
von den Göttern in die Hölle gestoßen, um hier von quälenden Leiden 
gepeinigt zu werden. Er stand mitten in einem Teiche, und die Wasser 
spielten ihm um das Kinn; dennoch litt er den brennendsten Durst und 
konnte den Trank, der ihm so nahe war, niemals erreichen. Sooft er 
sich bückte und den Mund gierig ans Wasser bringen wollte, entschwand
	        
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