Full text: [Teil 4 = 5. Schulj, [Schülerband]] (Teil 4 = 5. Schulj, [Schülerband])

den Saal getreten waren, fingen an einzuschlafen, und der ganze 
Hofstaat mit ihnen. Da schliefen auch die Pferde im Stall, die 
Hunde im Hofe, die Tauben auf dem Dache, die Fliegen an der 
Wand, ja, das Feuer, das auf dem Herde flackerte, ward still 
und schlief ein, und der Braten hörte auf zu brutzeln, und der 
Koch, der den Küchenjungen, weil er etwas versehen hatte, in 
den Haaren ziehen wollte, ließ ihn los und schlief. Und der 
Wind legte sich, und auf den Bäumen vor dem Schloß regte 
sich kein Blättchen mehr. 
3. 
Rings um das Schloß aber begann eine Dornenhecke zu wachsen, 
die jedes Jahr höher ward und endlich das ganze Schloß umzog 
und darüber hinauswuchs, daß gar nichts mehr davon zu sehen 
war, selbst nicht die Fahne auf dem Dach. 
Es ging aber die Sage in dem Land von dem schönen schlafen¬ 
den Dornröschen, denn so ward die Königstochter genannt, also 
daß von Zeit zu Zeit Königssöhne kamen und durch die Hecke 
in das Schloß dringen wollten.. Es war ihnen aber nicht mög¬ 
lich, denn die Dornen, als hätten sie Hände, hielten fest zusammen, 
und die Jünglinge blieben darin hängen, konnten sich nicht wieder 
losmachen und starben eines jämmerlichen Todes. 
Nach langen, langen Jahren kam wieder einmal ein Königs¬ 
sohn in das Land und hörte, wie ein alter Mann von der Dorn¬ 
hecke erzählte, es sollte eilt Schloß dahinter stehen, in dem eine 
wunderschöne Königstochter, Dornröschen genannt, schon seit 
hundert Jahren schliefe, und mit ihr schliefe der König und die 
Königin und der ganze Hofstaat. Er wußte auch von seinem Gro߬ 
vater, daß schon viele Königssöhne gekommen wären und versucht 
hätten, durch die Dornenhecke zu dringen, aber sie wären darin 
hängen geblieben und eines traurigen Todes gestorben. Da sprach 
der Jüngling: „Ich fürchte mich nicht, ich will hinaus und das 
schöne Dornröschen sehen." Der gute Alte mochte ihm abraten, 
wie er wollte, er hörte nicht auf seine Worte. 
4. 
Nun waren aber gerade die hundert Jahre verflossen, und 
der Tag war gekommen, wo Dornröschen wieder erwachen sollte. 
Als der Königssohn sich der Dornenhecke näherte, waren es lauter 
schöne, große Blumen, die taten sich von selbst auseinander und 
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