Full text: Für die Klasse V (Teil 2 = Unterstufe, [Schülerband])

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Beschreibungen und Schilderungen. 
83. Das Heidekraut. 
Nach H. Wagner, Entdeckungsreisen im Wald und auf der Heide. 
„Grills Gott dich, deutsche Heide, 
und segne deinen Sand, 
, dass Männer daraus wachsen 
zur Wehr fürs deutsche Land.“ 
Was ist das Heideland für ein unfruchtbares Gebiet! Sand und 
wieder Sand bedeckt tief die weite Fläche. Der Fuss sinkt bei jedem 
Schritte tief ein und ermüdet schon bei einem kurzen Marsche. Das 
Licht der Sonne wird blendend vom weifsen Sande zurückgestrahlt, 
und wir Schliessen unwillkürlich die schmerzenden Augen. Der Wind 
hat Sandwellen aufgebaut; wir haben ein kleines Abbild der grossen 
Wüste vor uns, die im fernen Afrika der Schrecken der Wanderer ist. 
Werden wir in der sandigen Heide auch Entdeckungen machen, 
die Geist und Herz erfreuen? Werden wir im dürren Sande noch 
etwas anderes linden als verwehte Fusstritte und verkrüppelte Kiefern, 
die hier kümmerlich ihr Leben fristen? 
Wir lassen uns zu kurzer Rast nieder auf dem weichen, warmen 
Boden. Das Kieferngebüsch gewährt ein wenig Schatten, auch neigt 
sich ja schon etwas die Sonne, und ihre Strahlen werden weniger 
sengend. So -ruht der Wüstenreisende zur Nachtzeit auch auf dem 
grossen Sandbett weich und warm, und der blaue Himmel ist sein 
Zeltdach. Von dort leuchten ihm freundlich die Sterne, die ihn auch 
in seiner Heimat begrüfsten: der Gürtel des Orion und der helle 
Sirius. Er träumt im Sande des fremden Landes von den Märchen 
seiner Kindheit, vom „Tischchen, deck dich!“ das er hier gut brauchen 
könnte, vom armen Aschenbrödel, seiner schlimmen Stiefmutter und 
von anderen. 
Wir nehmen ein wenig von dem Sande am Boden auf und 
lassen die Körnchen aus einer Hand in die andere rieseln. Wir ge¬ 
denken der Sanduhr, der Dünen am Meere, des Samums der Sahara 
und vieles anderen. — Halt! was ist dies für ein braunes Körnchen 
mitten unter den weifsen, glänzenden Sandstäubchen? — Es ist ein 
Samenkorn vom Heidekraut. Es ist das arme Aschenbrödelchen im 
unscheinbaren Gewände, und die dürre Heide ist seine Stiefmutter, 
die ihm kümmerliche Fliege gewährt bei schwerer Arbeit. 
Wollen wir das Samenkorn genauer betrachten, müssen wir das 
Vergröfserungsglas zu Hilfe nehmen. Durch dieses sehen v wir, dass 
es fast dreieckig ist und an seiner Oberfläche winzige Härchen trägt.
	        
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