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Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft. 
blendende Beredsamkeit zu crsezen, und würdigte die wichtigsten Un¬ 
tersuchungen zu bloscr Dispntirübung herab. Solches war der allge- 
meiue Charakter der Sophisten, welche sich über die Städte Grie¬ 
chenlands ergossen, aus dem Unterrichte ein einträgliches Gewerbe 
machten, und zwar die Vielwisserei verbreiteten, aber der soliden Er- 
kcuntniß, so wie der Moral, einen wesentlichen Schaden brachten. 
Gorgias, Protagoraö, Hippias u. A. glänzten unter den 
älteren Sophisten hervor; der obige Tadel trifft sie minder, als ihre 
Nachfolger. 
Gegen den Unfug der Sophisten erhob sich durch Lehre und That 
der weise und tugendhafte Sohn des Sophroniskus. Die Philo¬ 
sophie, die sich im Himmel verloren hatte, rief er zur Erde zu¬ 
rück, damit sie hier den gründlichen Studien der uns erkennbaren 
Natur, und vorzüglich der Leitung menschlicher Handlungen, vor¬ 
stehe. Seine anspruchslose, selbst populäre Weisheit, die Rechtlichkeit 
seines Wandels, die Liebenswürdigkeit seiner humanen Sitten ver¬ 
schafften ihm Eingang in die Gemüther; die Sophisten wurden 
durch die strenge Consequcnz und die feine Ironie ihres Gegners in 
Verwirrung gesezt, und die hoffnungsvollste Jugend Athens hing mit 
Entzücken an Sokrates Munde. So glänzender Erfolg mußte wohl 
bei den Gcdemüthigtcn den bittersten Haß erzeugen. Die Sophisten 
verbanden sich mit den Priestern und Zeloten, denen das Licht der 
Weisheit gefährlich schien. Der Tugendhafteste unter den Sterblichen, 
der die erhabenste Lehre von Gott und der Unsterblichkeit vorgetra¬ 
gen, der die reinste Moral gepredigt hatte, wurde der Gottlosigkeit 
und des Verderbens der Jugend angeklagt (*). Sein Tod war das 
erste Attentat des Aberglaubens gegen die Philosophie, aber die 
Hoheit, womit er ihn litt, der glänzendste Triumph der Weisheit 
über die Gewalt (3584. 399 v. Ehr.). 
§. 18. Schüler Sokrates Pluto. Aristoteles.. 
Sokrates hatte keine Schule gestiftet. Nicht in den engen Kreis 
eines Systems war seine Weisheit gebannt. Von Keinem seiner Zög¬ 
linge verlangte er das Opfer der Selbstständigkeit im Denken; er 
entwickelte nur und erhöhte, was in ihnen lag. Darum sah man 
auch aus ihrem Kreise Männer von der verschiedensten Denkweise 
und Stifter von ganz entgegengesezten Schulen hervorgehen. Ari- 
stipp, den Genuß liebend, geistreich und von urbanen Sitten, grün¬ 
dete die in Grundsäzen etwas lare, eine geschmeidige Lebensphiloso- 
C) über schon hatte Aristop Hanes durch sein dramatisches Pasquill 
„die Wolken" Sokrates verächtlich zu machen gesucht, aber nur sein eige¬ 
nes Talent durch diese feile Anwendung geschändet.
	        
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