Aus der Natur
131. Kräutchen „Rührmichnichtan!"
Im feuchten Walde fließt ein kleiner Bach langsam dahin.
Eichen, Erlen und Buchen verschränken ihre Äste und machen es
dämmerig, selbst am Mittag. Büsche stehen zwischen ihren Stäm¬
men fast gar nicht, nur dichte Haufen saftiger Kräuter erheben
sich aus dem schwarzen, nassen Boden. Diese Krautbüschel im
feuchten Waldgrund sind hauptsächlich aus zweierlei Pflanzenarten
gebildet. Das gemeine Hexenkraut erhebt seine zarten kleinen
Blütchen in fingerlangen, weißen Trauben aus dem Dickicht dunkel¬
grüner, herzförmiger Blätter. Die Sage bezeichnet diese Sumpf-
stellen als jene gefährlichen Orte, an denen des Nachts die Irr¬
lichter spazieren gehen, und Zauberinnen den verirrten Wanderer
vom Pfad ab in unwegsamen Sumpf verlocken. Höher als das
Hexenkraut erheben sich die Stengel der Wald-Valsamine, bis zu
einer Länge von 3 bis 4 Spannen. Wässerig erscheinen Stengel
und Zweige, leicht zerbrechend und hinfällig, gelbgrün strecken sich
die fingerlangen, lanzettförmigen Blätter. Sie stehen einzeln, sind
schlaff und weich. Aus den Winkeln, welche sie mit den zerteilten
Asten bilden, hängen an fadendünnen Stielen schöngeformte, gold¬
gelbe Blumen von der Größe eines Fingergliedes. Jede der¬
selben endigt rückwärts in einem langen, dünnen Sporn. Oben
am Stengel sind noch Blütenknospen, unten sind bereits hängende
Fruchtkapseln von grüner Farbe. Wir sind im Begriff, einen dieser
blühenden Stengel abzubrechen, denn die Blüten sehen gar nett
aus. Kaum berühren wir aber eine der reifen Schoten, so schnellen