Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

6. Pfingsten. 
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erregt. Mit jedem Schlage des Donners fahren die flammenden Blitze 
Strahl auf, Strahl aus, durchkreuzen die fchwülen Lüfte, schlängeln 
sich an den Spitzen der Berge herab und werfen Feuer in die ödesten 
Abgründe. Die Schleusen des Himmels lösen sich von ihrer Last und 
stürzen in ganzen Fluten herab, und indem die Wolken unter den: 
Kampfe der Winde von einer Gegend in die andere sich fortjagen, tobt 
das wilde Geplätscher auf den dürren Erdboden herunter. 
Aber nach dem tobenden Gewitter, welche Anmut erscheint nicht 
in der ganzen Natur! Die finstern Gewölle zerteilen sich, bestrahlt 
von einem glänzenden Lichte; eine lächelnde Heiterkeit, die alles erfreut, 
breitet sich am ganzen Himmel aus; ein blaues Gewand, von bunten 
Streifen durchwebt, bricht hinter dem zurückwallenden Vorhang hervor 
und spiegelt sich wieder auf dem beruhigten Gewässer. Flüchtige 
Schatten lausen über Thäler und Hügel und Wiesen, von einem leichten 
Schimmer verfolgt; bald liegt die Landschaft in einer sanften Dämme¬ 
rung, bald erscheint sie wieder in einem goldenen Lichte. Wie dort 
der schöne Bogen sich über den Horizont ausspannt, wie seine malerischen 
Farben in einem doppelten Abglanz spielen und in der klaren Flut 
der See Widerscheinen! Das nahe Gebirge, das sich in die Wolken 
erstreckt, nimmt eine ungewöhnliche Freundlichkeit an, verjüngt von der 
hellen Pracht, mit der es der erste Bote des versöhnten Himmels über¬ 
streut. Die gekühlten Lüste tröpfeln noch von einigen Regenstäubchen; 
die Gipfel der Berge und die erquickten Gefilde schimmern weitumher 
von der Nässe der Wolken; die Gebüsche blitzen im Sonnenscheine von 
kleinen Sternchen und regnen, von gaukelnden Westen bewegt, von 
neuem den zu schweren Reichtum der Tropfen herab. Das Gras, die 
Blumen, die in einer traurigen Mattigkeit zu verwelken schienen, die 
ganze Natur fühlt die wohlthätige Erfrischung; alle Gewächse heben 
sich wieder empor, und das Grün der Felder steht in einem helleren 
Schmucke. Die Wälder erneuern ihre Freude; Scharen von Schwalben 
schwärmen wieder im fröhlichen Fluge umher; die Herden schütteln die 
triefende Wolle und blöken vor Wollust; tausend kleine Stimmen 
schwirren in den Wiesen. Der Landmann eilt erfrischt wieder zu seiner 
Arbeit; alles frohlockt über die angenehme Kühlung, und alle Kräuter 
gießen Reichtümer von süßen Gerüchen aus. Hirsch selb. 
6. Pfingsten. 
Pfingsten ist das Fest der Freude! An keinem andern Feste ist 
es draußen so schön, so duftig, so sonnig wie gerade zu Pfingsten. 
Zur Weihnachtszeit schläft die Natur unter ihrer Schneedecke: kein 
Blümchen erfreut unser Auge, kein süßer Vogelfang tönt an unser 
Ohr; traurig und öd ist es draußen. Zu Ostern ist das Leben erst 
im Erstehen: die meisten Bäume stehen noch kahl da; noch oft saust
	        
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