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Ein ähnlicher Genosse, mit ebenso furchtbarem Gebiß und mit
nicht geringerer Mordlust, hat sich in seine unterirdische Wohnung
vergraben, denn er ist etwas träge und liebt die Jagd im Schnee
nicht; auch könnte er jetzt seine liebste Nahrung, Obst und Mäuse,
nicht erlangen. Es ist der Dachs, der im Erdenschoße seine Winter¬
ruhe hält. Sein dunkler Palast ist ähnlich eingerichtet wie der
des Fuchses; in einem großen Kessel, der weich ausgefüttert ist, liegt
der Dachs eingerollt, mit geschlossenen Augen und sehr langsamem
Atem, und dabei ist er sehr fett. Denn im Herbst hat er an
Feldmäusen, Baumfrüchten und genießbaren Wurzeln Überfluß ge¬
habt und sich wohl ausgemästet. Das Fett schützt ihn vor der
Winterkälte und erhält seinem Körper die gehörige Frische. Es
zehrt sich nach und nach aus, und wenn er im Frühling zum Vor¬
schein kommt, erscheint er ziemlich mager. Verborgen bleibt er
bis zum Februar, der Volksglaube sagt bis zum Tage Mariä
Lichtmeß (2. Februar), dann komme er neugierig aus der Erde,
um zu erkunden, wie es oben aussehe. Sei der Himmel klar
und hell, und bemerke er also seinen eigenen Schatten, so begebe
er sich noch vier Wochen zur Ruhe; sei aber das Wetter trübe
und regnerisch, so freue er sich und bleibe munter. Der Grund
dieser Meinung ist wohl folgender: bei hellem, heiterem Himmel
ist es zur Winterszeit gewöhnlich kälter, als wenn ein Wolkenflor
die Gegend überzieht.
Auch' der Igel, dessen Stachelkleid ihn vor vielen Gefahren
schützt, verschläft die kalte Zeit in einem Erdloch. Er ist giftfest,
denn weder der Biß giftiger Schlangen, noch anderes Gift, wie
Arsenik und Blausäure, schadet ihm. Wird er im Sommer an¬
gegriffen, dann zieht er Kopf und Glieder ein und zeigt nach
allen Seilen die spitzen, braun und weiß geringelten Stacheln,
so daß kein Tier ihn verletzen kann. So liegt er auch jetzt, als
wenn er die Kälte abwehren wollte, und schlummert, bis das
Summen der Insekten, die er gerne frißt, und das Rascheln der
Eidechsen im Laub ihn weckt. Friedrich Noll.
Paldamus-Rehorn, Lesebuch. AuSg. v. Teil 4.
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