Full text: [Teil 2 = Sexta, [Schülerband]] (Teil 2 = Sexta, [Schülerband])

VI 
Begleitwort. 
und der Lernende auf allen Gebieten zur selbständigen Denkarbeit an¬ 
gehalten werden müssen. Nicht nur Realien sind zu vermitteln, wie der 
Name der Schulgattung glauben machen könnte, sondern, ohne daß dies 
irgendwie und irgendwo vernachlässigt oder gar eingeschränkt würde, 
muß vielmehr bei den vielen oder gerade wegen der vielen Realien, 
die heutzutage für unentbehrlich erachtet werden, als Hauptziel der 
Leistungen festgehalten werden, daß die Schule zu einer Höhe des Gesichts¬ 
kreises hinführe, von der herab jeder, der sie durchlaufen hat, mit dem 
besonderen Wunsche und auch mit dem Vertrauen in die Zukunft blickt, 
daß er demnächst beim Abgang von der Hochschule oder sonst beim 
Eintritt ins öffentliche Leben in der Lage sein möchte, unbeirrt durch 
die Vielseitigkeit und Buntheit der Erscheinungen ein eigenes Urteil zu 
fällen und dieses auch, soweit es nötig erscheint, in Wort und Schrift 
zu vertreten. 
Auch das Urteil auf ästhetischem Gebiete mag hier mit eingeschlossen 
werden. Der Gegensatz von Können und Wissen, der neuerdings so 
häufig zu gunsten des ersteren betont wird, sollte dafür ganz besonders 
hervorgekehrt werden. Es wäre für die Schule schon hinreichend genug 
gewonnen, wenn der Lernende in seinem Vermögen so weit gebracht 
würde, daß er das persönliche, natürliche Empfinden nicht mehr dem 
Lärm der Menge gegenüber verleugnete. Erst wer eignen, selbständigen 
Geschmack verrät, zeigt sich auf der Höhe der Bildung. Hier liegt aller¬ 
dings die Gefahr nahe, daß im Verhältnis zum Alter der Schüler von 
der Schule zu viel erwartet wird, oder gar daß die Schule selbst im 
Übereifer in ihren Anforderungen darin zu weit geht. Wie dem auch 
sei, hoch ist das Ziel zu stecken und von mir auch gesteckt — ich bin 
mir dessen wohl bewußt —, aber ebenso bestimmt ist meine Ansicht, daß 
wir in keiner Weise es umgehen können. 
Zur Mitarbeit an der Erreichung solch hohen Zieles ist aber in 
erster Linie das Lesebuch berufen, und die weite Verbreitung, die das 
Lesebuch von Paldamus-Scholderer namentlich an Realanstalten bisher 
gefunden hat, ließ gerade dieses jetzt als hervorragend geeignet dazu 
erscheinen. Hat es doch der letzte Herausgeber, ein Vorgänger und das 
Vorbild des Unterzeichneten im Amte, stets als eine seiner vornehmsten 
Aufgaben betrachtet, die Denkfähigkeit seiner Schüler zu fördern, so daß 
ohne Mühe unser Lesebuch in dieser Richtung vollkommen auf die 
Höhe der Anforderungen zu bringen war unter gleichzeitiger bester 
Berücksichtigung der laut gewordenen Wünsche.
	        
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