Full text: [Bd. 1, [Schülerband]] (Bd. 1, [Schülerband])

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husch zum Fenster hinaus. Weg war er. Sein erster Flug gieng 
ins Feld, wo er sich unter eine Gesellschaft anderer Vögel mischte, 
und als sie aufflogen, flog er mit ihnen, denn er dachte: sie wissen 
die Gelegenheit hier zu Land besser als ich. Aber sie flogen unglücklicher 
Weise alle miteinander in ein Garn. Der Staar sagte: wie Gott 
will. Als der Vogelsteller kommt, und sieht, was er für einen 
großen Fang gethan hat, nimmt er einen Vogel nach dem andern 
behutsam heraus, dreht ihm den Hals um und wirft ihn auf den 
Boden. Als er aber die mörderischen Finger wieder nach einem 
Gefangenen ausstreckte, und denkt an nichts, schrie der Gefangene: 
„ich bin der Barbier von Segringen,“ als wenn er wüßte, 
was ihn retten muß. Der Vogelsteller erschrak anfänglich, als 
wenn es hier nicht mit rechten Dingen zugienge, nachher aber, als 
er sich erholt hatte, konnte er kaum vor Lachen zu Athem kommen; 
und als er sagte: ei Hansel, hier hätte ich dich nicht gesucht, wie 
kommst du in meine Schlinge? da antwortete der Hansel? „par 
Compagnie.“ Also brachte der Vogelsteller den Staar seinem Herrn 
wieder, und bekam ein gutes Fanggeld. Der Barbier aber erwarb 
sich damit einen guten Zuspruch, denn jeder wollte den merkwürdigen 
Hansel sehen, und wer jetzt noch weit und breit in der Gegend will 
zur Ader lassen, geht zum Barbier von Segringen. 
Merke: So etwas passirt einem Staaren selten. Aber schon 
mancher junge Mensch, der auch lieber herumflankiren, als daheim 
bleiben wollte, ist ebenfalls par Compagnie in die Schlinge gerathen 
25. und nimmer herauskommen. 
165. Die Schlafkameraden. 
30. 
35. 
40. 
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Eines Abends kam ein fremder Herr mit seinem Bedienten im 
Wirthshaus zu der goldenen Linden in Brassenheim an, und ließ 
sich bei dem Nachtessen beiderlei wohl schmecken, nämlich das Essen 
selbst und das köstliche Getränk. Denn der Lindenwirth hat guten. 
Der Bediente an einem andern Tisch dachte: ich will meinem Herrn 
keine Schande machen, und trank, wie im Zorn, ein Glas und eine 
Bouteille nach der andern aus, sagend zu sich selbst: der Wirth 
soll nicht meinen, daß wir Knicker sind. Nach dem Essen sagte der 
Herr zu dem Lindenwirth: Herr Wirth, ich hab' in eurem Rothen 
so zu sagen eine gefährliche Entdeckung gemacht. Bringt mir noch 
eine Flasche voll in das Schlafstüblein. Der Bediente hinter dem 
Rücken des Herrn winkte dem Wirth: mir auch eine! denn sein 
Herr ließ sich vieles von ihm gefallen, weil er auͤf Reisen auch sein 
Leibgardist war, und immer mit ihm in der nämlichen Stube schla—⸗ 
fen mußte, und je einmal, wenn er sich zu viel Freiheit heraus— 
nahm, war der Herr billig und dachte: ich will nicht wunderlich 
sein. Es ist ja nicht das erstemal, daß er's thut. Also trank an 
seinem Tisch der Herr und las die Zeitung, und am andern Tisch 
dachte der Bediente: es ist doch ein harter Dienst, wenn man trin— 
ken muß, anstatt zu schlafen, zumal so starken. Gleichwohl als er
	        
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