670 Frankreich in der Zeit der durch die Kirchentrennung
welcher die streitenden Parteien Gelegenheit fanden, sich die Kräfte der
Massen dienstbar zu machen, und jede Partei aus der Beforgniß für
ihre Religion und dem Anblicke der dieselbe bedrohenden Gefahren stets
neuen Eifer zum Kampfe schöpfte. Es waren Kriege staatlicher Um¬
wälzung, sofern es persönliche Bestrebungen waren, die sich mit dem
Schein einer Vertheidigung der beiderseitigen Religionen bekleideten und
von beiden Seiten die Führer sich von aller staatlichen Ordnung los¬
sagten, um das Recht der Gewalt an die Stelle der von den berufenen
Häuptern des Staates schlecht gewahrten Würde der Negierung zu
setzen. Der Kampf theilte sich in den fast allenthalben gleichzeitig ge>
führten regellosen und räuberischen Kampf, wie ihn die gelegentliche
Berührung der erbitterten Parteien brachte, und in den von den Häup¬
tern der Parteien mit gesammelten und geordneten Kräften in kriegeri¬
scher Weise geführten Kampf, dessen wechselnde Erfolge, soweit ihr
Eindruck wirken konnte, auch in dem Einzelkampf die Parteien wechselnd
hoben und niederdrückten. Nichts aber wurde in diesen im Namen der
Religion geführten Kriegen mehr als die Religion gehöhnt, welche unter
dem grausamen Spiele entfesselter Wuth ihre Macht über die Gemüther
einbüßte und nach dem Verstummen des Waffengetöses die Heilung der
furchtbarsten Verwilderung zu beginnen hatte.
4. In den drei ersten Kriegen (1562—1563, 1567 — 1568,
1569—1570) war die Partei der Guisen siegreich. Doch mußte sie,
ohne die gewonnenen Vortheile weiter zu verfolgen, den Kampf jedesmal
unterbrechen und die Gegenpartei durch Zugeständnisse beschwichtigen, weil
die Mittel zur Fortsetzung des Krieges fehlten und der Krieg selbst auch
aus dem Lande die Einkünfte nicht in geregelter Weise der Regierung
zufließen ließ. Zu Anfang des Krieges wurden Orleans und Rouen
Hauptpunkte für die Macht der Hugenotten. Schon hatte man durch
Wegnahme von Blois, Tours, Poitierö und Bourges die Stadt Orleans
vereinzelt, als man sich gegen die Engländer wenden zu müssen glaubte,
die von den Hugenotten Havre de Grace erhalten und eine Besatzung
in Rouen geworfen hatten. Rouen wurde erobert, bei der Eroberung
aber erhielt König Anton eine tödtliche Wunde. Als darauf Conde,
mit deutschen Truppen verstärkt, ohne daß er Paris hätte nehmen kön¬
nen, in die Normandie kam, wurde er von dem durch spanische Truppen
aus den Niederlanden verstärkten Gusse bei Dreur geschlagen und ge¬
fangen, während auf der Seite der Sieger St. Andre fiel und Mont-
morency in die Hände der Gegner gerieth. Nun begann die Belagerung
von Orleans, aber während derselben erlitt die siegreiche Partei den
schwersten Verlust durch den Tod Guiscks. Ein Hugenotte, der zu diesem
Ende in das katholische Heer eingetreten war, ermordete ihn. Dieser
Verlust und der Wunsch Katharinens, die Engländer vertrieben zu sehen,