Full text: [Bd. 1, [Schülerband]] (Bd. 1, [Schülerband])

— 
287 
Wagstück möglich. In der frühesten Jugend wird es schon an Ent— 
behrungen aller Art gewöhnt, zum Niederknieen gebracht, und ge— 
zwungen, in dieser Lage zu verweilen. Später erhält es eine be— 
trächtliche Last aufgebürdet, die einer noch schwereren Platz macht. 
Die meisten dieser Thiere werden zum Lasttragen gebraucht; 
einiger andern, die sich zu diesen wie Reitpferde zu Lastpferden ver— 
halten und Maherri genannt werden, bedient man sich nur zum 
Reiten. Der Araber sitzt oben auf seinem Höcker und ist mit einer 
Flinte, Lanze, Pfeife und anderem Geräthe versehen. Der Maherri 
läuft gewöhnlich nur zwanzig Stunden; allein angetrieben legt er 10. 
auch sechzig Stunden zurück. Sonnini erzählt, daß ein Beduinen— 
Araber die Reise von Kairo in Aegypten bis Mekka in fünf Tagen 
zurücklegte, ein Weg von vierhundert Stunden, wozu die Pilgrims— 
karawanen mehr als dreißig Tage nöthig haben; er machte mithin 
achtzig Stunden in einem Tage. Die Sättel der Dromedare sind 15. 
in der Mitte hohl, und haben an den beiden Bogen ein Stück run— 
des, wagrecht gestelltes Holz, an welchem der Reiter sich festhält. 
Lange an den Seiten herabhängende Beutel mit einiger Nahrung für 
den Reiter und das Kameel, ein Schlauch Wasser und ein lederner 
Gurt zur Peitsche ist das ganze Geräth. Der gewöhnliche Gang ist 20. 
ein weites Traben, wobei sie den Kopf und den Schwanz in die 
Höhe richten. Für jeden Ungeübten ist diese Art zu reisen höchst 
beschwerlich; die Hände schwellen an und schmerzen, die Schenkel wer⸗ 
den wie zerbrochen, dabei stellt sich der heftigste Kopfschmerz ein durch 
die beständige Erschütterung, denn das Thier hat einen schweren Tritt; 
auch lebt der Reiter in Furcht, auf dem hohen Sitze das Gleichgewicht 
zu verlieren und herunterzustürzen, und die Schnelligkeit des Laufs 
in der glühenden Lust soll ihm fast den Athem nehmen. Zu den Un— 
bequemlichkeiten sind noch ferner die Wanzen und anderes Ungeziefer 
zu zählen, welche sich auf dem Höcker aufhalten; und wenn die Dro- 30. 
medare sich beim Eintritt in eine Stadt drängen, wird die Sorge 
um die Existenz des Reiters noch größer. 
Alle Kameele lieben Musik, und scheinen an der menschlichen 
Stimme Wohlgefallen zu haben; der Araber, wenn er einen starken 
Marsch machen will, feuert sie durch Gesang an, der mehr auf sie 36. 
wirken soll als alle Schläge; auch sollen sie, nach den Zeugnissen 
einiger Reisenden, langsamer und rascher gehen, je nach dem lang— 
sameren und schnelleren Tact des Gesanges. Werden sie überladen, 
so sleigen sie nicht eher auf, bis die Bürde erleichtert ist. Sie sind 
äußerst mäßig, und zur Zeit der Noth ist, nach eines Reisenden Versiche-⸗ 40. 
rung, ein alter Weidenkorb ein ganz gutes Essen. Haben sie jedoch 
reiche Weide, so suchen sie nur die besten Gräser. Auf langen Reisen 
füttert man sie mit etwas Gerste, Bohnen, Datteln oder mit Ku— 
geln von Weizenmehl. 
Die köstlichste und nothwendigste Eigenschaft dieses Thieres ist 45. 
die, daß es viele Tage ohne Beschwerde das Wasser entbehren kann, 
und dies allein macht es zu dem nützlichen, für die Araber unent— 
behrlichen Geschöpf. Hat es lange gedurstet, so wittert es hoch in 
der Luft, um in weiter Ferne eine Quelle zu entdecken, und verdoppelt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.