Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

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— 178 - 
148. Die Jünglinge. 
„Laß uns," sagt ein Bach zum andern, 
„Lustig in die Täler wandern! 
Blumenmatten, Wald und Lieder 
Rufen uns zu sich hernieder." — 
5 „Warte doch!" sprach der Geselle; 
„Noch zu klein ist unsre Welle. 
Du verlörest dich in Bälde 
Auf dem breiten Sonnenfelde. 
Birg dich vor den gier'gen Strahlen, 
10 Stärke dich in Bergesgründen! 
Doppelt wirst du dann in Talen 
Freuden finden und verkünden." — 
Doch umsonst zurückgerufen 
Sprang von des Gebirges Stufen 
15 Jener mit Gejauchz hinab 
In sein Jugendfreudengrab. 
Und der andre suchte Nahrung 
In des tiefen Schachts Verwahrung. 
Und es sprudelt seine Welle 
20 Jetzo von des Berges Schwelle, 
Heilsam jedem, der begegnet, 
Alle segnend, allgesegnet. 
Abr. Eman. Fröhlich. A.a.O. S. w. 
149. Das Johanneswürmchen. 
1. Ein Johanneswürmchen saß, 
Seines Deniantscheins 
Unbewußt, in weichem Gras 
Eines Bardenhaius. 
2. Leise schlich aus faulem Moos 
Sich ein Ungetüm, 
Eine Kröte, her und schoß 
All ihr Gift nach ihm. 
3. „Ach, was hab' ich dir getan?" 
Rief der Wurm ihr zu. 
„Ei," fuhr ihn das Untier an, 
„Warum glänzest du?" 
Gottl. Konr. Pfeffel (1778). Fabeln. 
Hrsg. v. Mmor. KÜi schnei-. Nat.>L>t. Bd. 73. S. 6>i. 
150. Fuchs und Bär. 
Kam einst ein Fuchs vom Dorfe her 
Früh in der Morgenstunde 
Und trug ein Huhn im Munde. 
Und es begegnet' ihm ein Bär. 
„Ah, guten Morgen, gnäd'ger Herr! 5 
Ich bringe hier ein Huhn für Sie. 
Ihr' Gnaden promenieren ziemlich früh; 
Wo geht die Reise hin?" — 
„Was heißest du mich gnädig, Vieh; 
Wer sagt dir, daß ich's bin?" — 10 
„Sah Dero Zahn, wenn ich es sagen 
darf, 
Und Dero Zahn ist lang und scharf." 
Matthias Claudius (vor 1775). Werk-. 
Gotha 18a9. Bd. I. T. 1 u. 2. S. 47. 
151. Der Fuchs und der Iltis. 
Einst hatt' ein Iltis eine Gans gefangen; 
Er trug sie fort mit vieler Müh'. 
Zu rechter Zeit kam Reineke gegangen. 
„Ei, speisest du nun gar solch grobes 
Federvieh?" 
Sprach er den Räuber lächelnd an. 5 
„Ich meinte, nur die zarte Taube 
Sei deine Kost. Fürwahr, ich glaube, 
Du hast zum Notbehelf den Schreier 
abgetan." — 
„Ja, wolltest du zwei Küchlein dafür 
geben," 
Begann der Iltis, ,,gäb' ich sie wohl 10 
hin." — 
„Freund, zwei? Ich will dir fünfe geben," 
Rief Meister Fuchs, „so wahr ich ehr¬ 
lich bin!" 
Mit Freuden ward der Vorschlag ange¬ 
nommen 
Und Meister Fuchs — er soll noch wieder¬ 
kommen. — 
Wer schnell und mehr, als du verlangst, 15 
verspricht, 
Hat Lug im Herzen; trau ihm nicht! 
Friedr. Ad. Krummacher. Apologien und 
Paromolhl^n. Diusdurg I8lv. S. 205. 
' 152. Der Löwe und der Wolf. 
l. Am Fuß der wüsten Partherfelder 
Schlug König Löw' und Meister Bär 
Den Nichtstuhl auf; das Volk der 
Wälder 
Stund nach der Ordnung um sie her.
	        
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