Full text: [Teil 1 = Sexta, [Schülerband]] (Teil 1 = Sexta, [Schülerband])

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Muster wurde und Friedrich der Große später den Fürsten voll Hochachtung 
den großen Exerziermeister nannte, ohne welchen er kaum so siegreich seine 
Kriege würde haben führen können. 
Obschon Leopold roh und unwissend schien, so war er doch ein scharfer 
Denker und führte im Heerwesen so wesentliche Verbesserungen ein, daß 
man ihn den Schöpfer einer neuen Gefechtsweise nennen kann. Zunächst 
übte er seine Soldaten so ein, daß sie gleichmäßig weit und schnell aus¬ 
schritten und zwar so genau, daß die Front stets eine gerade Linie bildete. 
In der Bewaffnung führte er zwei hauptsächliche Verbesserungen ein. Da 
die hölzernen Ladestöcke, deren man sich damals bediente, leicht zerbrachen 
und der Soldat dadurch wehrlos wurde, so ersetzte er sie durch eiserne, 
wodurch das gefürchtete Schnellfeuer der Preußen möglich wurde. Außer¬ 
dem gab er dem Bajonette die heute noch übliche Gestalt. Bisher steckte 
man dasselbe wie eine Lanzenspitze in den Flintenlauf, so daß also der 
Soldat nicht mehr schießen konnte. Der Fürst bog es winkelförmig und 
befestigte es am Ende des Gewehres, und so war es seinen Soldaten möglich, 
auch bei aufgepflanztem Bajonette zu laden und zu feuern. Sein weitaus 
größtes Verdienst aber bestand in der Einführung jener strengen, eisernen 
Disziplin, welche unserem Heere auch in dem letzten Kriege gegen Frank¬ 
reich die gewaltige Überlegenheit sittlicher Kraft verschaffte. 
Zu Leopolds Zeiten wurden die Soldaten überall geworben, wo sich 
Leute für diesen Dienst verkauften. Es traten daher viele Taugenichtse 
ein, welche nur durch strenge Zucht, durch Prügel und harte Strafen in 
Ordnung gehalten werden konnten. Leopold gewöhnte seine Leute an 
Reinlichkeit, Pünktlichkeit, unbedingten Gehorsam und strengste Pflicht¬ 
erfüllung. In allen diesen Tugenden ging er mit gutem Beispiele voran, 
denn im Amte war er unermüdlich, bei großen Anstrengungen und Ge¬ 
fahren kannte er keine Schonung seiner Person. Wie seine Soldaten trug 
er eine einfache Uniform von blauem Tuch, Beinkleider und Weste von 
grauer Leinwand; von feinen Speisen und Getränken wollte er nichts 
wissen, ertrug gleichmütig Hitze und Kälte und führte oft persönlich seine 
Krieger durch den dichtesten Kugelregen gegen feindliche Schanzen und 
Stellungen. Er sorgte aber auch väterlich für seine Soldaten und 
war der beliebteste General, den man im Heere wegen seines derben 
Fluchens den alten Schnurrbart nannte, während er beim Volke der alte 
Dessauer hieß. 
Leopold war der Blücher seiner Zeit und die Zucht in seinem Heere 
so groß, daß er einige Male seine Soldaten Gewehr im Arm im Parade¬ 
schritt gegen die feindlichen Stellungen führte, worüber die Gegner so in 
Schrecken zu geraten pflegten, daß sie Kehrt machten und davonliefen, ob¬ 
schon die Preußen noch nicht einmal einen Schuß gethan hatten.
	        
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